KAPITEL 10

Social Video Marketing: Videos, Stories und Livestream

In diesem Kapitel:

Internetnutzer lieben es, Inhalte zu hören oder zu sehen: Attraktive Fotografien und Grafiken kommen gut an, ebenso Videos und Podcasts. Mit einem fesselnden Einstieg, der richtigen Botschaft und einem viralen Aufhänger sind Videos besonders gefragt, und die Nutzer stellen damit ihr eigenes Fernsehprogramm zusammen. Dabei lösen Social Videos bei den Zuschauern Emotionen aus und veranlassen sie, diese mit ihrem Netzwerk zu teilen. Kreative Videokünstler sind Superstars auf Portalen wie YouTube, TikTok oder Twitch. Audiovisuelle Medien lösen authentisch und mit kreativem Storytelling beim Zuschauer Emotionen aus und machen Marken erlebbar. Dabei verankern Videos ihre Inhalte und Werbebotschaften schnell und nachhaltig im Bewusstsein des Betrachters und unterstützen das Marken-Branding.

In diesem Kapitel geht es zunächst um die Frage, wie wichtig Videos für das Social Media Marketing und das Content Marketing sind. Daraus resultiert, ob ein Video in die eigene Website eingebunden oder für Facebook genutzt werden sollte oder ob sich der Aufbau eines Kanals bei YouTube lohnt. Danach schauen wir uns an, was es für die Produktion guter Videos zu beachten gilt. Wir zeigen, wie Sie Video-Content auf Sharing-Sites einbinden und für Ihr Marketing nutzen können, und legen den Schwerpunkt auf YouTube. Außerdem betrachten wir Wettbewerber von YouTube wie TikTok und Twitch sowie das Livestreaming und die Stories in Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat.

Auch kleine Unternehmen und Amateurfilmer können Video-Content produzieren – begünstigt durch das inzwischen erschwingliche Equipment. Die Basisausrüstung besteht aus einer Digitalkamera, einem Mikrofon sowie einigen Tools zur Bearbeitung, die teilweise günstig oder gar kostenfrei zu haben sind. Lassen Sie sich von der einfachen Verfügbarkeit der nötigen Technik trotzdem nicht dazu verleiten, ohne eine durchdachte und langfristig angelegte Strategie zu starten.

Marketing mit Videos

Zu Beginn Ihrer Überlegungen sollten Sie gründlich prüfen, ob und wie Video-Content zu Ihren Marketingzielen passt. Ziel der Analyse ist eine klare Strategie, mit der Sie Ihre Zielgruppe erreichen. Wir empfehlen, mit Personas zu arbeiten, um die abstrakte Zielgruppe klarer vor Augen zu haben und gezielt anzusprechen. In Kapitel 5 nennen wir Merkmale, anhand deren sich eine Persona bestimmen lässt. Mit Blick auf Zielgruppe und Persona wird schnell klar, welche Videoformate, Themen und Plattformen sich am besten eignen.

Videos sind für die schnelle Unterhaltung und Information enorm beliebt, sofern ihre Qualität stimmt und die Zuschauer sie als relevant wahrnehmen. Insbesondere der Platzhirsch YouTube ist weltweit bekannt und hat sich fast zum Gattungsbegriff von Bewegtbild-Content gemausert. Ihn und seine Wettbewerber schauen wir uns im Laufe des Kapitels genauer an. Zumindest gelegentlich sehen drei Viertel der Bevölkerung in Deutschland Videos im Netz. Insbesondere die Jugendlichen lieben Videos: Satte 99 Prozent der 14- bis 29-Jährigen schauen sie regelmäßig. Mit einem geringfügig niedrigeren Anteil interessiert sich auch die nächste Altersgruppe bis 49 Jahre für Bewegtbilder. Bei den älteren Generationen nimmt die Begeisterung sukzessive ab, und bei den Menschen 70+ zeigt nur jeder Dritte an Videos im Netz Interesse. Gleichzeitig ist diese Altersgruppe stark auf Facebook vertreten, sodass sie dort vermutlich trotzdem das eine oder andere Video betrachtet.1

Im Vergleich zur teuren Werbung im TV verursacht die Veröffentlichung von kurzen, informativen, interaktiven und unterhaltenden Onlinevideos bei geringerer Reichweite weniger Streuverluste. Vergleichen wir die Reichweite der klassischen Fernsehwerbung mit YouTube & Co., sollten wir berücksichtigen, dass sich Fernsehzuschauer in Werbepausen unterhalten, Chips auffüllen oder ins Badezimmer gehen. Zudem geht die Bedeutung des linearen Fernsehprogramms zurück, da jüngere Generationen bevorzugt Streaming-Plattformen und Mediatheken nutzen oder Videos auf YouTube, Instagram, Snapchat oder Twitch anschauen. Im Vergleich zu Streaming-Anbietern wie Netflix oder den Mediatheken finden die Nutzer auf YouTube auch eine Fülle von Videos zu interessanten Nischenthemen.

Wer die Antwort auf eine Frage sucht oder eine Anleitung benötigt, bevorzugt oft ein knackiges Ratgebervideo, statt sich durch langwierige Texte zu kämpfen. Geht es um den Kauf eines Produkts, ist ein Video für viele Menschen anschaulicher als die reine Beschreibung der Ware. Binden Sie daher Videos klug in Ihr Content Marketing ein und prüfen Sie deren Verwendbarkeit für die diversen Touchpoints auf der Customer Journey Ihrer Kunden. Auf die Customer Journey gehen wir in Kapitel 5 ein.

Sie sind nicht sicher, ob Ihr Unternehmen über ausreichend viele Themen, Motive und geeignete Inhalte verfügt, um erfolgreiche Videos zu produzieren? Führen Sie mit Ihren Kollegen ein Brainstorming durch und sammeln Sie Themen. Wie wäre es mit folgenden ersten Ideen:

  • Ein Blick hinter die Kulissen der Produktion oder des Lagers.
  • Timelapse- oder Hyperlapse-Aufnahmen, die zeigen, wie morgens alle auf Ihr Werksgebäude strömen, zu Fuß, auf dem Fahrrad oder Roller, joggend – und abends wieder raus.
  • Vorabveröffentlichung von exklusivem Content zu neuen Produkten als »Sneak Peek«.
  • Ratgeberfilme, Tutorials, Service-Content.
  • Interviews mit dem Geschäftsführer, Mitarbeitenden, Kunden, Influencern.
  • Lustige Inhalte ohne tieferen Sinn, nur zur Unterhaltung.

Letztlich beeinflusst der Ort der Veröffentlichung auch die Machart und den Inhalt eines Videos. So starten Videos auf Facebook unvermittelt und ungefragt durch die Funktion Autoplay. Wird die Botschaft nicht sofort klar und macht neugierig, klickt der Nutzer mit hoher Wahrscheinlichkeit weg. Wer bereits auf Ihrer Website unterwegs ist und dort ein Video anklickt, bringt Ihren Themen Interesse entgegen und hat mehr Geduld.

Wie erstelle ich ein Video?

Wie sehen die ersten Schritte und Überlegungen aus, wenn Sie ein Video drehen wollen? Sie brauchen eine außergewöhnliche (kreative, neue …) Idee und die passende Ausrüstung, um diese umzusetzen. Spaß am Videodreh kann ebenfalls nicht schaden. Das Filmen von Videos ist mit überschaubaren Investitionen möglich: Selbst mit Einsteigermodellen lassen sich gute Filme drehen. Haben Sie allerdings weder eine durchdachte Strategie noch kreative Ideen und verstehen Ihre Zielgruppe nicht, erreichen Sie Ihre Kunden selbst mit dem teuersten Equipment nicht.

Ihre Ausrüstung muss nicht teuer sein

Wollen Sie professionelle Videos inhouse drehen, benötigen Sie die folgende Ausrüstung, die wir dem Fachbuch »YouTube Marketing« entnommen haben.2 Wir nennen keine Preise, da es bei jedem dieser Objekte eine große preisliche Bandbreite gibt:

  • eine HD-Kamera
  • Tageslicht-Softbox-Lampen oder professionellere Halogen-Videoleuchten
  • Richtmikrofon, Tisch- oder Ansteckmikrofon
  • Stative und Befestigungen, eventuell ein Selfiestick
  • Schnittcomputer und Software für die Bildbearbeitung
  • optional: Kosten für externe Berater

Professionelle Unterstützung

Prüfen Sie, ob Sie externe Unterstützung benötigen: Die richtige Beleuchtung, Kameraperspektiven, Schnitt – für die technische Umsetzung gibt es Spezialisten, die Ihnen einwandfreie Aufzeichnungen erstellen. Redaktionell können Sie sich beim Schreiben des Drehbuchs Unterstützung holen. Gegen externe Kräfte sprechen zusätzliche Kosten: Das Video wird zudem nur dann erfolgreich, wenn Ihre Zuschauer merken, dass Sie dahinterstehen. Das fertige Produkt muss technisch überzeugen, aber auch authentisch und außergewöhnlich sein. Von einer komplett externen Produktion ist deshalb in den meisten Fällen abzuraten, die Handschrift Ihres Unternehmens sollte erkennbar sein.

Am Anfang steht die gute Idee

Lassen Sie sich vom Zwang zur Kreativität nicht einschüchtern! Sie kennen Ihr Unternehmen am besten und wissen, was Ihre Kunden interessiert. Ob Fabrik, Theater oder Filiale einer Bekleidungskette: Immer gibt es Bereiche, in die ein Kunde nicht gelangt. Bieten Sie den exklusiven Blick hinter die Kulissen. Begleiten Sie das Firmensommerfest, den ersten Einsatz eines Roboters, den Bezug neuer Firmenräume – oder inszenieren Sie die wahre Geschichte der Unternehmensgründung in mitreißenden Bildern. Erzählen Sie von interessanten Cases Ihrer Kunden und stellen Sie die außergewöhnlichen Hobbys Ihrer Mitarbeiter oder Ihrer Geschäftsführer vor. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, und es hilft, sich in Ihre Zuschauer hineinzuversetzen. Mitarbeiter sind gute Markenbotschafter und haben oft hervorragende Ideen. Vielleicht gibt es unter Ihren Kollegen ein bislang unentdecktes Talent, das sich aus privatem Interesse gut mit Videos auskennt.

Legen Sie eine Kernbotschaft fest

Zu viel auf einmal verwässert Ihre Grundaussage und verhindert, dass sie im Gedächtnis der Zuschauer haften bleibt. Lassen Sie die Kernbotschaft im Idealfall dreimal im Film auftauchen: zu Beginn, im Verlauf und am Ende. Die Endcard am Schluss des Videos sollte Ihre Botschaft enthalten und eine Handlungsaufforderung vermitteln (Call-to-Action, CtA). Lenken Sie beispielsweise die Zuschauer zu Ihrem Webshop.

Definition

Die Endcard erscheint nach dem eigentlichen Inhalt des Videos, und dieser Endbildschirm soll zur Zuschauerbindung beitragen. Animieren Sie die Zuschauer zu einem Call-to-Action, beispielsweise Ihre Website zu besuchen, Ihren YouTube-Kanal zu abonnieren oder das Video zu bewerten, zu teilen oder zu kommentieren. Die Endcard kann aus einem Standbild bestehen oder ein Video als Hintergrund haben. Sie können darin auf weitere Videos oder Ihre Playlist verweisen.

Bereiten Sie ein Drehbuch vor

Gehen Sie alle Szenen durch und überlegen Sie gründlich, welche Akteure und welches Equipment Sie benötigen. Legen Sie Drehorte fest, organisieren Sie Genehmigungen und prüfen Sie, ob die Lichtverhältnisse und die Akustik ausreichen. Achten Sie bei der Szenenplanung darauf, dass Videos überwiegend über Smartphones abgerufen werden, und verwenden Sie idealerweise das Hochformat oder erstellen Sie ein quadratisches Video.

Die hohe Kunst des Storytellings

Geschichten zu erzählen, ist keine Erfindung der Neuzeit. Vermutlich erzählten sich bereits die Urmenschen an ihrem Lagerfeuer spannende Geschichten. Ansprechende und leicht zu verstehende Erzählungen brennen sich direkt ins Herz und ins Gehirn, sie transportieren Emotionen und werden gern weitererzählt. Menschen merken sich beim visuellen Storytelling mit Videos den Inhalt und die Botschaft besser und haben das Bedürfnis, ihre Freunde auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Die Dramaturgie sollte idealerweise nicht zu vorhersehbar verlaufen, sondern etwas Dramatisches beinhalten, einen Konflikt mit einem Gegenspieler, den der Held der Geschichte löst.

Videos sollten kurz und knackig sein

Die Zuschauer haben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, und die Konkurrenz durch andere Videos ist groß. Darüber hinaus gilt es, auf die Vorlieben der jeweiligen Plattform zu achten. Spielt die Watchtime eine wichtige Rolle, empfiehlt sich ein etwas längeres Video. Allerdings muss der Film bis zum Ende fesseln, denn die Plattform prüft, welchen Anteil des Videos die Nutzer geschaut haben. Können Sie die Kernbotschaft Ihres Videos kurz und knapp vermitteln, dann tun Sie es. Machen Sie gleich in den ersten Sekunden deutlich, worum es geht – sonst springen die Zuschauer wieder ab. How-to-Videos dürfen länger sein, wenn Sie Ihren Zuschauern leicht verständlich und Schritt für Schritt etwas erklären. Soll ein Servicevideo nur eine Frage beantworten, bringen die Nutzer oft wenig Geduld mit und suchen die schnelle Antwort. Gut gemachte Vlogs, Shows, Comedy und Diskussionsrunden dürfen länger sein, denn für viele Zuschauer ersetzen YouTube-Videos das klassische Fernsehen. Eine Untersuchung des Pew Research Center bestätigte dies 2019, sie stellten eine durchschnittliche Videolänge von zwölf Minuten auf YouTube fest.3 Nutzen Sie die Analytics in YouTube oder die Insights in Facebook, um zu prüfen, welche Videos besonders gut angenommen werden. Analysieren Sie, ob die Zuschauer das Video bis zum Ende betrachten, und, falls nicht, an welcher Stelle sie abspringen. Experimentieren Sie mit der Laufzeit und testen Sie, welche Länge am besten ankommt. Schauen Sie sich erfolgreiche Videos Ihrer Wettbewerber an und achten Sie auf die Laufzeit. Bei der idealen Länge kommt es auf die Zielgruppe sowie Art und Inhalt des Videos an.

Der Call-to-Action

Die Handlungsaufforderung hängt von Ihren Zielen ab und führt die Nutzer zu einer Landingpage, Ihrer Homepage oder Ihrem Webshop – oder fordert sie auf, Ihren YouTube-Kanal zu abonnieren. Wählen Sie den wichtigsten CtA, der gut zu dem Video passt, und überfordern Sie die Zuschauer nicht mit mehreren Appellen. Doch bedenken Sie: Werden die Zuschauer von Ihrem Video nicht gefesselt und schauen es nicht bis zum Ende, verpufft der CtA. Kommunizieren Sie eindeutig und transparent, was Sie dem Besucher bieten oder von ihm erwarten. Ist Ihnen Interaktion besonders wichtig, können Sie den Zuschauern Fragen stellen oder um Kommentare bitten.

Denken Sie an Untertitel!

Viele Menschen schauen Videos, wenn sie unterwegs sind. Von gleichgültigen Zeitgenossen abgesehen, schalten sie folglich den Ton des Smartphones oder Tablets aus. Für Facebook wurde ermittelt, dass 90 Prozent der Nutzer Videos ohne Sound ansehen. Das mag damit zusammenhängen, dass Facebook und Instagram in der Standard-Einstellung die Videos ohne Ton abspielen. Vor diesem Hintergrund und um das Video barrierefrei zu präsentieren, sind Untertitel wichtig. YouTube bietet eine Spracherkennung und erstellt automatisch Untertitel aus der gesprochenen Sprache. Auch Facebook bietet automatische Untertitel, bislang aber nur für die englische Sprache. Prüfen und korrigieren Sie die automatisch generierten Untertitel. Sollten Sie ein Video veröffentlichen, das ohne Ton seine Wirkung verliert, informieren Sie die Zuschauer gleich zu Beginn darüber.

Wie häufig sollten Sie Videos veröffentlichen?

Ein Video pro Woche ist eine gute Frequenz, um sich nachhaltig Reichweite aufzubauen und nicht in Vergessenheit zu geraten. Bei einem Wochenrhythmus empfiehlt es sich, jeweils den gleichen Wochentag zu wählen. Welcher Tag der Woche sich für die Veröffentlichung am besten eignet, hängt von Ihrer Zielgruppe ab. Nutzen Sie die Statistikfunktionen von Facebook, YouTube oder Instagram, um zu schauen, wann Ihre Zielgruppe online ist und wann die meiste Interaktion erfolgt.

Werbevideos ja – aber bitte nicht zu werblich!

Lösen Sie sich von der traditionellen Denke der Werbetreibenden. Heute schalten die Menschen auf schnellen Vorlauf, wenn Werbung kommt, weil die Produkte darin allzu offensichtlich vermarktet werden. Mit viel Humor hat deshalb Conrad Electronics beachtliche 2,5 Millionen Zuschauer für seinen »Anti-Weihnachts-Spot« begeistern können. Doch machen wir uns nichts vor, hinter solchen Videos stecken teuer bezahlte kreative Köpfe und einiges an Budget. Ihr Unternehmen wird in der Regel kein Massenpublikum ansprechen wollen, sondern möchte Interessenten einer spezifischen Nische erreichen.

Betten Sie Ihre Firmen-URL ins Video ein

Wo es möglich ist, betten Sie Ihre Firmen-URL in das Video ein, idealerweise zu Beginn und am Ende des Films. Damit bringen Sie neue Besucher auf Ihre Website oder Ihren Webshop.

Achtung

Wenn Sie Ihre Videos mit Musik untermalen wollen, müssen Sie sich in der DACH-Region die Rechte bei den Verwertungsgesellschaften GEMA (https://www.gema.de/musiknutzer.html), AKM (http://www.akm.at/Musiknutzer/) oder SUISA (http://www.suisa.ch/de/kunden/) sichern, oder besorgen Sie lizenzfreie Musik. Achten Sie dabei auf die Creative-Commons-Lizenzen, mehr zu den rechtlichen Aspekten finden Sie in Kapitel 15.

Die Kunst des Videobloggens

Das geschriebene Wort ist weniger wirkungsvoll als ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Das ist der Grund für die wachsende Popularität des Videobloggens, das sich zu einer wichtigen Marketingstrategie gemausert hat. Es gibt videobloggende Journalisten wie Tilo Jung (https://www.youtube.com/user/Nfes2005), Beautybloggerinnen wie Ebrus Beautylounge (https://www.youtube.com/user/EbruZa) oder DIY-Videoblogs wie die Frickelbude von Elisa (https://www.youtube.com/user/alive4fashion/featured). Selbst der Naturwissenschaftler Marcel hat sich mit seinen Experimenten auf dem Chemievlog Techtastisch (https://www.youtube.com/user/Techtastisch) eine große Fangemeinde aufbauen können.

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Abbildung 10-1 Der Naturwissenschaftler Marcel begeistert auf YouTube jede Woche mit neuen Experimenten.

Auch Unternehmen nutzen die Chance, sich ihren Kunden, Geschäftspartnern und allen Interessierten per Video zu präsentieren. Videoblogs bieten sich besonders an, wenn es um erklärungsbedürftige Produkte oder Dienstleistungen geht. Wir wissen seit unzähligen Folgen »Sendung mit der Maus«, dass Menschen neugierig sind, gern etwas lernen und dabei hinter die Kulissen blicken. Die Maus sieht sich oft Herstellungsprozesse an, und viele Erwachsene schauen begeistert zu.

Auch für kleine und mittlere Unternehmen ist YouTube die geeignete Plattform. So hat der selbstständige Handwerker und Maler Andreas Neufeld aus dem Raum Mannheim 2015 seinen YouTube-Kanal »Der Wandprofi« (http://bit.ly/2Uhdg57) gestartet. In seinen Videos stellt er anschaulich Fachthemen vor und gibt seinen Zuschauern Tipps. Noch etwas flotter präsentiert sich der gelernte Maler und Lackierer Florian Heisen alias @DerMaler aus Ostwestfalen auf YouTube. Mit seinem unkonventionellen Auftreten hat er schon über 112.000 Abonnenten gewonnen, und seine Videos zum Heimwerken sehen Hunderttausende auf YouTube.

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Abbildung 10-2 Der Malermeister @DerMaler mit seinem YouTube-Kanal4

Wie gelangen Videoblogger zum Erfolg, und was macht ein fesselndes Video aus? Neben einer kreativen neuen Idee und einem innovativen Ansatz liegt das Geheimnis darin, sein Publikum kennenzulernen. Außerdem ist Durchhaltevermögen wichtig, denn aller Anfang ist schwer, und Sie bekommen zunächst wenige Aufrufe. Bald wissen Sie aber, wer Ihren Content anschaut, was der Nutzer sucht und warum er wiederkommt.

Erfolgreiche Videoblogger verhalten sich oft nur wenig anders als in ihrem Alltag. Interessieren Sie sich für das, was Ihre Fans tun, und reden Sie mit ihnen, als seien sie im wirklichen Leben Freunde. Machen Sie sich mit der Situation vor der Kamera vertraut: Üben Sie vor dem Spiegel oder nehmen Sie mit der Selfiefunktion der Smartphone-Kamera Ihren Text auf. Sie bekommen schnell ein Gefühl dafür, wo Sie hinschauen müssen und wie Sie wirken.

Geben Sie nicht zu viel auf Kritik und lassen Sie Beleidigungen nicht an sich heran. Sie wollen und müssen nicht jedem gefallen. Mit wachsender Reichweite bekommen Sie widersprüchliche Meinungen zu hören. Sobald Sie eine hingebungsvolle Fangemeinde haben, wird Ihnen Kritik nicht mehr viel schaden.

Sehen Sie das Videobloggen als regelmäßige Herausforderung, die Spaß macht, und nicht als lästige Pflicht. Betrachten Sie es als Mittel, um mit Ihrer Zielgruppe (fast) von Angesicht zu Angesicht in Kontakt zu kommen. Das gelingt am besten, wenn Sie offen, authentisch und sympathisch wirken.

Die Community

Sie wissen bereits: Auch wenn Sie mit Ihrer Marke noch nicht selbst in Social Media aktiv sind, Ihre Kunden sind es längst. Monitoren Sie daher regelmäßig Videoportale, auch wenn Sie dort (noch) nicht aktiv sind. Nehmen Ihre Kunden Filme davon auf, wie sie Ihr Produkt anwenden, zeigen Sie Wertschätzung. Die Fans haben Zeit in die Aufnahme investiert, also zeigen Sie, wie sehr Sie die Beiträge schätzen.

Im Jahr 2017 schlug die zehnjährige Bria Loveday dem Elektroautohersteller Tesla vor, die inoffiziellen Werbevideos zu würdigen, die Teslafans gedreht haben. Elon Musk war von der Idee begeistert. Das »Projekt Loveday« startete mit einem Videowettbewerb, und Tesla zeigte große Wertschätzung den Fans gegenüber.5

Bedenken Sie, dass die Community auch Videos produzieren kann, mit denen sie ein Unternehmen in Schwierigkeiten bringen kann. Heute haben die meisten Menschen ihr Smartphone griffbereit und scheuen sich nicht, zu filmen, sobald etwas Lustiges, Interessantes oder auch Schlimmes passiert. In Kapitel 4 lernen Sie zwei Reputationskrisen von United Airlines kennen. Im ersten Fall war das professionell produzierte Video einer halbwegs bekannten Band der Auslöser, im zweiten Fall viele kleine Filme. Diese zeigten auf Social Media, wie rau United mit unliebsamen Passagieren umgeht.

Achtung

Nicht alle Videos, die Sie im Web finden, dürfen Sie auf Ihrer Website einbinden. Insbesondere bezüglich des Urheber- und Persönlichkeitsrechts, aber auch in Hinblick auf Jugendschutzfragen sollten Sie sich absichern. Hinweise zu Rechtsfragen im Social Web finden Sie im Anhang zu Rechtsfragen am Ende dieses Buchs.

YouTube: der Marktführer für Videos

Schauen wir uns nun den Marktführer YouTube und die Möglichkeiten des Video-Content-Marketings auf der Plattform genauer an. Zunächst sollten Sie für sich die Frage beantworten, ob für Ihre Produkte und Dienstleistungen YouTube der richtige Kanal ist. Lassen sich Ihre Produkte und Leistungen gut in Bewegtbilder umsetzen? Gibt es eine Fülle von Ideen für mögliche Themen, oder geht Ihrer Kreativität nach den ersten zwei Videos die Luft aus? Ist YouTube die richtige Plattform, sollten Sie sich über die Ziele klar werden, die Sie mit der Veröffentlichung von Videos anstreben. Nur mit genau definierten Zielen lässt sich sinnvoll entscheiden, welche Inhalte in welcher Form präsentiert werden sollten.

Das zum Alphabet-Konzern6 gehörende YouTube ist nicht nur ein soziales Netzwerk, sondern nach Google die zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Die Nutzer suchen gezielt nach Themen, die sie interessieren, oder folgen einer Empfehlung aus ihrem Netzwerk. YouTube versucht alles, um die Nutzer möglichst lange auf der Seite zu halten. Endet ein Video, wird per Autoplay der nächste Film gestartet. Von den Nutzerzahlen her liegt die Social-Media-Plattform in Deutschland knapp vor Facebook.7

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Abbildung 10-3 Einige Daten zu YouTube weltweit und in Deutschland

Mit der durchschnittlichen Verweildauer steht YouTube deutlich vor Facebook und Instagram. Inhalte werden nicht nur im Vorübergehen gestreift, sondern nachhaltig konsumiert. Auf YouTube lässt sich viel Zeit verbringen, weil sich von klassischen How-to-Videos und Tutorials (»Wie wechsle ich einen Fahrradschlauch?«) über Videoblogs (Vlogs) bis zu reinen Werbespots fast alles findet.

Die schiere Größe und Reichweite der Plattform hat auch ihre Nachteile. Um bei der gigantischen Zahl an neuen Beiträgen aufzufallen, die täglich auf YouTube hochgeladen werden, benötigt es hervorragende Inhalte und einen hohen Bekanntheitsgrad. Sarah Kübler, Geschäftsführerin der Agentur für YouTube- und Influencer-Marketing HitchOn, bestätigt aus ihrer Erfahrung, dass es nach wie vor möglich ist, in YouTube einen Kanal vollständig organisch aufzubauen – und damit Erfolg zu haben. Dies setzt ein hohes zeitliches Engagement voraus und erfordert die regelmäßige Veröffentlichung von hochwertigem und relevantem Content sowie die kontinuierliche Optimierung auf den Algorithmus. Letzterer ändert sich gefühlt täglich, und Sie kommen nicht umhin, die Entwicklung permanent im Auge zu behalten.

Tipp

Neben dem dringend empfohlenen regelmäßigen Beobachten und Ausprobieren helfen folgende Quellen, die Entwicklung bei YouTube im Auge zu behalten: das offizielle YouTube-Blog https://youtube.googleblog.com/ sowie der von YouTube-Mitarbeitern betriebene Kanal Creator Insider (https://bit.ly/2peDG95). Aktuelle Statistiken zu YouTube finden Sie unter www.youtube.com/press.

YouTube ist seit über einem Jahrzehnt weltweit bekannt und etabliert. Laut der Studie »Social Media & Social Messaging 2018« war mehr als jeder zweite Internetnutzer mindestens gelegentlich auf YouTube. Bei den 14- bis 29-Jährigen waren es sogar 79 Prozent.8

Inzwischen hat sich eine eigene YouTube-Szene entwickelt, deren Protagonisten riesige Reichweiten ohne die traditionellen Medien erreichen. Von diesen Influencern können Unternehmen durch Kooperationen profitieren. Was es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Influencern zu beachten gilt, besprechen wir im Interview mit Sarah Kübler in diesem Kapitel.

Kooperation mit YouTubern

Durchsuchen Sie die wichtigsten Videoportale und nehmen Sie Kontakt zu relevanten YouTubern und Videobloggern auf. Vorsicht: Auch hier gilt es, die Community erst einmal kennenzulernen. YouTuber reagieren verständlicherweise pikiert, wenn sie feststellen, dass Sie sich noch nicht einmal die Mühe gemacht haben, einige ihrer Videos anzusehen. Ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, können Sie Ihr Interesse an Kooperationen und Austausch signalisieren, idealerweise für beide Seiten eine Win-win-Situation. Die Videoblogger bekommen von Ihnen exklusiven Content, den sie mit ihren Fans teilen können. Sie wiederum profitieren von der Reichweite der Influencer und erreichen neue Zielgruppen. In welcher Höhe zusätzlich ein Honorar gezahlt wird, hängt von dem Grad an Professionalität und der Reichweite des Influencers ab.

Wer als Unternehmen die Zusammenarbeit mit YouTubern sucht, steht vor der Frage, auf welche Kennzahlen zu achten ist. Dazu zählen primär die Zahl der Videoaufrufe, die Anzahl der Abonnenten des Kanals und die View-through-Rate. Für das Ranking ist außerdem die Engagement-Rate wichtig, die Aktivitäten wie Likes, Dislikes und Kommentare ins Verhältnis zu den Aufrufen des Videos setzt. Sie drückt aus, wie aktiv die Fans den Kanal verfolgen und sich mit den Inhalten inklusive Empfehlungen auseinandersetzen. Das Wachstum des Kanals spielt ebenso eine Rolle wie die Like/Dislike-Ratio. So gut die Zahlen aussehen mögen, entscheidend ist, dass der Influencer zum Profil der Marke passt und die »richtigen« Fans mitbringt. Bei Love Brands ist ein solcher Fit einfacher als bei schwierigen Themen, wie zum Beispiel medizinischen Produkten.

Mit Bibis Beauty Palace und Julienco, Luca, Gronkh, Julien Bam, dem Gamer Paluten oder LeFloid gibt es hierzulande große YouTube-Stars, die insbesondere bei jungen Menschen beliebt sind. Zu den jüngsten erfolgreichen YouTubern zählt die 2009 geborene Miley vom Kanal »Mileys Welt« (https://www.youtube.com/user/CuteBabyMiley).9

Der YouTuber und Lifestyle-Blogger Sami Slimani (früher Herr Tutorial) hat sich auf YouTube über 1,6 Millionen Abonnenten erarbeitet. Mehr als 1,5 Millionen Menschen folgen ihm zudem auf Instagram, 900.000 auf Twitter, und 700.000 gefällt seine Facebook-Seite. Sami Slimani ist bei der Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bekannt und beliebt. YouTuber sind als Werbepartner für Unternehmen attraktiv, sofern sie professionell agieren. Dazu gehört, dass sie sich mit SEO und den Richtlinien der Plattformen auskennen, rechtssicher handeln und Produktwerbung entsprechend kennzeichnen. Selbst Sami Slimani wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, Schleichwerbung zu betreiben.10 Solche Anschuldigungen können Glaubwürdigkeit und Authentizität der Influencer gefährden.

Idealerweise entdecken Unternehmen oder Agenturen Influencer, die stark wachsen, über eine gute Reichweite verfügen und professionell auftreten, bevor sie sich in die hochpreisigen Regionen von Bibi & Co. verabschieden. Die sogenannten Mikro-Influencer wirken dabei authentischer und bringen in ihrer Nische eine spitze Zielgruppe und eine hohe Engagement-Rate der Fans mit. Auf Influencer-Marketing und Mikro-Influencer gehen wir in Kapitel 4 näher ein.

Best-Practice-Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von Videos

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben Sie in Kapitel 9 mit ihren Instagram-Take-overs kennengelernt. Das Unternehmen ist auch auf YouTube erfolgreich vertreten. Die BVG präsentiert dort eine Vielfalt von Themen und nutzt die Videos für eine Imagekampagne, aber auch um Ausbildungsplätze als Gleisbauer zu besetzen (http://bit.ly/2r2aaEd). Dabei zeigen die Mitarbeiter ihr Gesicht und lesen sogar einmal böse Tweets vor, die genervte Bahnfahrer an die BVG adressiert haben (http://bit.ly/2TEUdkz). Im September 2019 hatte die BVG 36.000 Abonnenten auf YouTube, und die beliebtesten Kurzfilme werden millionenfach aufgerufen.

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Abbildung 10-4 Die BVG zeigt die Vielfalt der Berufe (links) und lässt ihre Mitarbeitenden gemeine Tweets ihrer Kunden vorlesen (rechts).11

Erstaunlicherweise verbreiten sich selbst klassische Werbespots leicht, wenn ihnen ein gutes Storytelling zugrunde liegt und sie Emotionen wecken. Auf YouTube gibt es Millionen Menschen, die kommerzielle Werbevideos ansehen und weiterverbreiten. Die genossenschaftliche Lebensmittelhandelskette Edeka hat bereits einige werbliche Volltreffer gelandet. In der von YouTube veröffentlichten deutschen Hitliste für 2018 fand sich Edeka mit »Die (gar nicht mal so traurige) Geschichte von Neurundland« auf Platz 3.12 Der emotionale Weihnachtsclip #Heimkommen von Edeka wurde mittlerweile über 61 Millionen Mal angeschaut.

Definition

Im Zusammenhang mit YouTube wird häufig von viralem Marketing gesprochen. Damit ist die schnelle Verbreitung von Inhalten gemeint, die sich Mundpropaganda und Sharing-Begeisterung in sozialen Netzwerken zunutze macht: Gefällt einem User Ihr Videoclip, wird er ihn seinen Freunden weiterempfehlen, diese empfehlen ihn wiederum ihren Freunden und so weiter. Sie profitieren von klassischem Empfehlungsmarketing, das im Web in Windeseile – eben viral – um sich greifen kann. Entscheidend für den Erfolg einer viralen Marketingstrategie ist jedoch Ihre Idee: je außergewöhnlicher, desto besser.

Zwischen den verschiedenen Einzelhandelsketten hat sich geradezu ein Wettbewerb dahin gehend entwickelt, wer die meisten viral gehenden Werbespots ins Netz stellt. Die Discounter Lidl und Netto haben ebenfalls einige Hits gelandet. Dabei setzen die Marketingverantwortlichen teilweise auf bewährte Inhalte wie kleine Kinder (die Gemüse verabscheuenden #Nettobabys13) und Katzen, wie Abbildung 10-5 beispielhaft zeigt.

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Abbildung 10-5 Im Herbst 2019 hatten bereits über 23 Millionen Menschen die shoppenden Netto-Katzen gesehen.14

Wer sich Anregungen von erfolgreichen Werbevideos holen möchte, kann jährlich auf die zehn weltweit populärsten Werbevideos achten, die YouTube im Rahmen des YouTube Ads Leaderboard15 veröffentlicht. Der Fokus liegt nicht auf künstlerischem Anspruch oder besonderer Technik, sondern es werden die Spots mit den meisten Zuschauern identifiziert. Die ausgewählten Werbevideos bestimmt ein Algorithmus von Google, der organische und bezahlte Views, Sehzeit und Zuschauerbindung berücksichtigt.

Das Social-Media-Monitoring-Unternehmen Brandwatch veröffentlichte Ende 2018 insgesamt 101 virale Markenmomente, die sie mithilfe ihrer KI Iris aus einer Milliarde Posts identifiziert hatten. Das Tool Iris analysiert mit künstlicher Intelligenz sämtliche Daten eines Unternehmens in Social Media und identifiziert die Auslöser eines ansteigenden Gesprächsvolumens. In der Liste viraler Markenmomente von Brandwatch finden sich einige Anregungen und inspirierende Beispiele, auch – aber nicht nur – mit Videos.16

Vergleichsweise schwer haben es Konzerne der Industrie, ihre Themen ansprechend darzustellen. Ist ein Unternehmen in der öffentlichen Wahrnehmung umstritten, wie die Firma Bayer durch den Kauf von Monsanto, wird es nicht einfacher. Bayer Deutschland hat mit seinem Bayer TV bis zum Herbst 2019 gut 4.000 Abonnenten auf YouTube gewinnen können. Diese Zahl ist zwar wenig beeindruckend, aber einzelne Videos erhalten immerhin um die 100.000 Aufrufe. Zu den beliebtesten Beiträgen zählt die Imageserie mit den Ratgebergesprächen von Alex (#FragAlex). Darin fragt er zum Beispiel eine Tierpsychologin, ob es besser sei, einen Welpen anzuschaffen oder einen älteren Hund aus dem Tierheim zu holen. Ratgeber zum Thema Haustiere interessieren viele Menschen.17 Auch Gesundheitsfragen wie »Multiple Sklerose verstehen« kommen bei den Zuschauern gut an.18

YouTube im Marketingeinsatz

YouTube kann eine wunderbare Plattform für das Produktmarketing sein. Mit dem richtigen Video können Sie Tausende Zuschauer gewinnen und dabei einen fruchtbaren Meinungsaustausch anstoßen.

Gibt es Tipps und Tricks, wie sich Videos am besten vermarkten lassen? Kreativität ist Trumpf: Wenn etwas außergewöhnlich, witzig, informativ oder einfach völlig unerwartet ist, kann Ihre Marketingbotschaft einschlagen. Doch selbst wenn Sie an den richtigen Stellschrauben drehen und Ihr Video weit streuen, lässt sich Viralität im Web zwar planen, aber es gibt leider keine Erfolgsgarantie. Ausdauer und die richtigen Kontakte gehören dazu, wenn Sie auf YouTube erfolgreich werden möchten.

Platzieren Sie mit der in Kapitel 5 beschriebenen Marketingstrategie des Social Seeding, Viral Seeding oder einfach nur Seeding gezielt Inhalte in Social Media. Binden Sie Ihr Netzwerk und Influencer ein, um über reichweitenstarke Multiplikatoren deren große Zahl an Fans und Followern zu erreichen. Setzen Sie auf die richtigen Meinungsmacher, gelingt es Ihnen in vielen Fällen, die Lawine ins Rollen zu bringen. Tipps für ein erfolgreiches Influencer-Marketing finden Sie in Kapitel 4.

Reicht anfangs der Bekanntheitsgrad nicht für ein virales Seeding, können Sie auch auf bezahlte Werbeanzeigen mit einem sinnvollen Targeting der Zielgruppe zurückgreifen. Arbeiten Sie mit TrueView-Videoanzeigen, fallen erst Kosten an, wenn Nutzer sich die Videoanzeige wenigstens eine halbe Minute lang anschauen oder auf die Anzeige klicken. Eine weitere Möglichkeit sind Google Ads für Videos. Dazu gehören (überspringbare) In-Stream-Anzeigen, Video-Discovery-Anzeigen, Out-Stream-Anzeigen und Bumper-Anzeigen. Sofern die Anzeigenvideos auf YouTube gehostet werden, werden sie dort oder auf Websites von Videopartnern und in Apps im Google-Displaynetzwerk ausgeliefert.

Im Folgenden schauen wir uns an, was Sie für den Aufbau Ihrer YouTube-Präsenz wissen sollten.

Hinweis

Warum überhaupt auf externe Plattformen gehen – lassen sich Videos nicht genauso gut auf der eigenen Website unterbringen? Auf populären Seiten wie YouTube erreichen Sie mit Ihren multimedialen Inhalten ein Vielfaches der Interessenten. Und weil YouTube als Netzwerk organisiert ist, multipliziert sich die potenzielle Zuschauerschaft durch Teilen und Empfehlen noch weiter.

Und nicht nur das: Bei hoher Bekanntheit Ihres YouTube-Kanals steigen Sie auch im Google-Ranking. Nebenbei profitieren Sie auf technischer Seite: Wird Ihr Video extern gehostet, brauchen Sie sich nicht um ausreichend Bandbreite zu kümmern. YouTube stellt kostenfrei eine hervorragende technische Infrastruktur zur Verfügung. Von YouTube aus lassen sich die Videos bequem auf anderen Websites einbetten, wobei Sie allerdings die Beschränkungen durch die DSGVO berücksichtigen müssen.

Einen YouTube-Kanal für Ihr Unternehmen oder Ihre Marke eröffnen

Sobald Sie versuchen, ein Video hochzuladen, fordert YouTube Sie auf, einen Kanal zu erstellen. Sie benötigen Zugang zu Ihrem Google-Konto, um den YouTube-Kanal einzurichten und ihn über das Google-Konto zu verwalten. Zunächst übernimmt YouTube den Namen und das Foto Ihres Google-Kontos. Wollen Sie den Kanal für Ihr Unternehmen einrichten, klicken Sie auf Unternehmensname/Sonstiger Name. Sie werden dann aufgefordert, ein Brand-Konto zu erstellen. Dieses sollte zur Corporate Identity Ihres Unternehmens und Ihrer Marke passen, damit Ihre Fans Sie wiedererkennen.

Laden Sie ein Hintergrundbild (Headbanner) und ein Logo (Avatar) hoch, idealerweise im visuellen Einklang mit Ihren anderen Social-Media-Präsenzen und dem Design Ihrer Marke. Reichern Sie die Seite individuell mit weiterführenden Informationen und Links zu Ihrer Website, Ihrem Webshop oder Ihren Social-Media-Kanälen an. Ergänzen Sie Tags, also Schlagwörter, die Ihren Kanal beschreiben und über die er gefunden wird. Entscheiden Sie dann, ob Sie die Kachel Community freischalten wollen. Haben Sie keine ausreichenden Ressourcen, um die Community-Seite zu betreuen, ist es ratsam, sie zunächst nicht zu aktivieren.

Abonnieren Sie nun andere Kanäle und beginnen Sie, sich an der Kommunikation zu beteiligen. Schauen Sie auch regelmäßig in die YouTube-Trends (www.youtube.com/feed/trending), um Anregungen zu bekommen. Sie sehen dort, welche Themen aktuell diskutiert werden und welche Videos viral gehen. Es ist kein Fehler, von den Besten zu lernen. Auch YouTube Suggest ist eine gute Quelle der Inspiration. Ähnlich wie Google Suggest geben Sie einen Begriff oder Teile davon ein und schauen, wie YouTube diesen vervollständigt.

Tipps für die Video-Promotion bei YouTube

Einer der meistbesuchten Bereiche bei YouTube ist die Seite der beliebtesten Beiträge. Erscheint Ihr Video auf dieser Titelseite, sind Ihnen Tausende von Aufrufen sicher. Wie verschaffen Sie Ihren Videos einen Platz an vorderster Stelle?

Engagement auf YouTube

Häufiges Engagement trägt zum nachhaltigen Erfolg auf YouTube bei. Haben Sie Freunde in diesem Netzwerk? Verfügt Ihr Kanal schon über Abonnenten, und werden Ihre Videos tatsächlich angeschaut? Dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Ihr neues Video ein viraler Erfolg wird, als wenn es von jemandem stammt, der bisher keine Aktivitäten und kein starkes Standing vorzuweisen hat.

Zeitpunkt der Veröffentlichung

Wie bei den meisten Social Sites gibt es auch bei YouTube einen Zeitraum, in dem Videos nach dem Upload den größten Einfluss ausüben können. Erleben Videos nicht binnen kurzer Zeit eine Initialzündung, werden sie wahrscheinlich nie populär. Ausnahmen bestätigen die Regel: Haben Sie ein tolles Video, das die Aufmerksamkeit der Community verdient oder für das nun die Zeit reif ist? Starten Sie einen zweiten Versuch und laden Sie es noch einmal hoch. Überprüfen Sie anhand der YouTube Analytics, an welchem Wochentag und zu welcher Uhrzeit Ihre Fans aktiv sind – und bestimmen Sie den Zeitpunkt der Veröffentlichung entsprechend. Wollen Sie eine ganz neue Zielgruppe ansprechen, beobachten Sie zunächst, wann diese üblicherweise aktiv ist.

Video-SEO

Ihren Erfolg bei YouTube unterstützen ausgewählte Schlagwörter (Tags), auf die Sie im Rahmen der Video-SEO optimieren und die zum Inhalt des Videos passen. Formulieren Sie einen attraktiven und leicht verständlichen Videotitel, der das Haupt-Keyword enthält. Definieren Sie ergänzend weitere relevante Suchbegriffe. Filmen Sie beispielsweise die Produktion Ihres Craft-Biers, können Sie die Namen bekannter Zutaten und der Brautechnik sowie die Herkunft der Zutaten nennen. Identifizieren Sie jene Begriffe, mit denen der Interessierte suchen würde – wie bei klassischer Suchmaschinenoptimierung. Nehmen Sie eine Keyword-Recherche vor und schauen Sie, welche Schlagwörter erfolgreiche Wettbewerber verwenden. Vermeiden Sie dabei Keyword-Stuffing und gehen Sie selektiv vor. Texten Sie eine verständliche, knackige und aussagekräftige Beschreibung, die neugierig macht. In dieser sollte der wichtigste Aspekt mit dem Haupt-Keyword am Anfang stehen, und sie kann Links zu Ihrem Webshop oder Ihrer Website enthalten.

Das Vorschaubild als Eyecatcher

Mit einer Kurzbeschreibung wird das YouTube-Video durch das Vorschaubild (Thumbnail) gut sichtbar in den Suchergebnissen von Google & Co. angezeigt. Vorschaubilder von Videos erregen in den Suchergebnissen Aufmerksamkeit und werden häufig eher angeklickt als reine Textbeiträge. Sobald Sie Ihren Kanal durch Angabe einer Telefonnummer bestätigt haben, können Sie das Vorschaubild individuell auswählen und sind nicht auf die drei Vorschläge von YouTube beschränkt. Erfolgreiches YouTube-Engagement mit zahlreichen Interaktionen verbessert ebenfalls das Google-Ranking Ihrer Unternehmenswebsite, wenn Sie das Video dort eingebunden haben. Sie können auch Links zu Website, Landingpage oder Webshop einbauen – idealerweise zu Anfang des Beschreibungstexts.

Playlist

Nutzen Sie die Playlists, um auf fremde Kanäle aufmerksam zu machen, betreiben Sie also Content Curation für Videos. Dadurch etablieren Sie sich als Experte für Ihr Thema, erweitern Ihr Netzwerk und werden im Gegenzug ebenfalls empfohlen. Zudem sollten Sie Ihre wichtigsten eigenen Videos dort prominent platzieren.

Tipp

Planen Sie, mehrere Videos ähnlicher Art einzustellen, markieren Sie jeden Upload mit spezifischen Tags, damit der Abschnitt Ähnliche Videos bei YouTube auch Ihre anderen Filme anzeigt. Sind Ihre Tags zu allgemein und insgesamt zu weit verbreitet, finden die Besucher Ihren Content schwerer wieder und gelangen stattdessen zu ähnlichen Videos anderer Quellen.

Netzwerkpflege auf YouTube

YouTube ist ein Videoportal, die zweitgrößte Suchmaschine der Welt und ein soziales Netzwerk. Die Nutzer auf YouTube kommentieren, liken und disliken. Wer als Unternehmen auf YouTube aktiv ist, lässt sich daher auch auf eine Diskussion mit der Community ein und sollte Zeit für das Community-Management einplanen.

Community-Management auf YouTube

Reagieren Sie zeitnah auf Kommentare und führen Sie mit Ihren Fans einen ehrlichen, aktiven und nachhaltigen Dialog auf Augenhöhe. Nehmen Sie Kritik ernst und antworten Sie darauf. Damit erhöhen Sie die Bindung der Fans zu Ihrer Marke, denn sie fühlen sich ernst genommen und freuen sich über das öffentliche Feedback. Behalten Sie sich aber vor, Trolle und Hater zu ignorieren. Haben Sie Ressourcen für den regelmäßigen Austausch mit Ihren Fans, sollten Sie den Tab Community freischalten. Der Charme der Funktion besteht darin, dass Sie zwischen den Veröffentlichungen neuer Videos das Gespräch in Gang halten. Dabei können Sie veröffentlichte Videos erneut teilen oder Einblicke in das Making-of eines Videodrehs geben. Das Verlinken und Anteasern weiterer Beiträge ist dort ebenfalls möglich.

Vernetzung führt zu Sichtbarkeit

Pflegen Sie Ihr Netzwerk und kontaktieren Sie Blogger und Social-Media-Influencer, die über die Themen Ihres Videos schreiben. Suchen Sie ebenfalls Kontakte in Foren sowie auf Facebook, Instagram, Twitter, Pinterest und LinkedIn.

Informieren Sie Ihr Netzwerk über neue Inhalte

Zu Beginn des Uploadvorgangs in YouTube können Sie angeben, auf welcher Ihrer Social-Media-Plattformen Sie das Video verbreiten wollen. Nutzen Sie diese Funktion nur, wenn Sie sicher sind, keinen zweiten Anlauf zum Hochladen zu benötigen. Auf Nummer sicher gehen Sie, wenn Sie das Video hochladen, Beschreibungen und Tags angeben und testen und erst danach die Verbreitung angehen. Achten Sie auch darauf, die passende Kategorie auszuwählen.

Animieren Sie Ihr Netzwerk zu Kommentaren und Likes

Für eine erfolgreiche Initialzündung sollte Ihr Video in den ersten Stunden nach dem Upload aufgerufen werden und Likes sowie Kommentare bekommen. Zeigen Sie das Video möglichst vielen Freunden und Kollegen und teilen Sie es mit Ihrem Netzwerk auf Facebook, Twitter, LinkedIn, in Messenger-Diensten und/oder auf Pinterest. Nutzen Sie auch die Stories auf Facebook, Instagram oder Snapchat, um auf das Video aufmerksam zu machen. Hier können Sie Anekdoten zu den Dreharbeiten und Hintergrundinformationen einbauen. Ermutigen Sie Ihre Abonnenten und Zuschauer auf YouTube, Ihr Video auch auf eigenen Websites einzubetten. Fragen Sie Ihre Fans im Video, ob sie eine Fortsetzung wünschen und inhaltliche Vorschläge haben. Werten Sie die Antworten aus und gehen Sie darauf in Ihrem nächsten Video ein.

Finden Sie heraus, wie Ihr Video wirkt

Wer sieht sich Ihr Video wie lange an? Von wo kommen die Zuschauer? YouTube Analytics liefert Ihnen detaillierte Statistiken. Die Performance des Videos wird nach Abrufen, Erwähnungen, Zeitpunkt des Ausstiegs, demografischen Kriterien und Hotspots aufgeschlüsselt. Bei Hotspots handelt es sich um Stellen im Video, die wiederholt angesehen werden.

Sie können neben den Phasen zu- und abnehmender Popularität genau erkennen, wer sich Ihre Videos ansieht. Vielleicht haben Sie eine unerwartete Fangemeinde in einem fernen Land erobert, oder Ihr Produktvideo gefällt den Eltern der Jugendlichen, die Sie zu erreichen versuchen. Wenn Sie regelmäßig Videos bei YouTube einstellen, können Ihnen diese Informationen das Zahlenmaterial liefern, um noch besseren Content für Ihre Zielgruppe zu produzieren. Diese Daten sind ebenfalls hilfreich, um den bestmöglichen Zeitpunkt für die Veröffentlichung zu wählen. Hilfreich ist auch, zu sehen, woher der Traffic kommt. Wie Abbildung 10-6 zeigt, ist ein Platz unter den Suggested Videos ausgesprochen attraktiv, um Views zu generieren. In diesem Beispiel kamen 66 Prozent der Nutzer, die das Video angeschaut haben, über die Empfehlungen aus den Suggested Videos.

Sie brauchen Ideen und wollen sich von YouTube-Videos inspirieren lassen? Nutzen Sie die Funktion YouTube Suggest und geben Sie einen für Sie wichtigen Suchbegriff ein. Sobald Sie anfangen, in der Suchmaske einen Begriff einzugeben, schlägt YouTube häufig verwendete Suchbegriffe vor, die mit den gleichen Buchstaben oder Wortbestandteilen beginnen. Auch die YouTube-Trends sind hilfreich: www.youtube.com/feed/trending.

Die Abbildung 10-7 gibt weitere Hinweise zu den Zuschauern, im Beispiel mehrheitlich junge Frauen, die den Kanal noch nicht abonniert haben.

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Abbildung 10-6 Anonymisierter Screenshot aus dem Creator Studio Beta von YouTube (Quelle: HitchOn)

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Abbildung 10-7 Anonymisierter Screenshot aus dem Creator Studio Beta von YouTube (Quelle: HitchOn)

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Abbildung 10-8 Sarah Kübler, Geschäftsführerin der Agentur HitchOn (Foto: Erik Sommer)

Interview

»Nur wenn beide Seiten bei der Kooperation gewinnen, ist es ein perfekter Match«

Ein Interview mit Sarah Kübler, Geschäftsführerin der Agentur HitchOn

Wir haben mit Sarah Kübler, Gründerin und Geschäftsführerin der YouTube-Agentur HitchOn, über Videos, YouTube und Influencer gesprochen. Bei ZDF Enterprises leitete sie als Managerin Internet Kanäle die YouTube-Aktivitäten der ZDF-Tochter.

Videos werden immer beliebter und sind längst ein gesetzter Bestandteil des Marketing-Mix vieler Unternehmen. Kleine und mittlere Unternehmen schrecken bei dem Thema mitunter noch zurück, da sie die Kosten und den zeitlichen Aufwand als zu hoch erachten. Welchen Einsteigertipp können Sie unseren Lesern mitgeben, die für ihr Unternehmen erstmals mit Videos arbeiten wollen?

Sarah Kübler: Ob in Zusammenarbeit mit YouTubern oder auf einem eigenen Brand Channel – auch für kleinere Unternehmen ist Marketing in Form von Videos eine Option. Je nach Budget sind hier die Möglichkeiten natürlich unterschiedlich. Meist ist es zwar richtig, dass mehr Reichweite kurzfristig generiert werden kann, je größer das Budget ist, doch auch mit geringerem Budget lässt sich mit etwas Geduld ein erfolgreicher Branded Channel aufsetzen. Dieser wird ohne unterstützendes Werbebudget zu Beginn vermutlich nicht direkt einen Schnellstart hinlegen, ist aber, wenn gut gemacht, langfristig oft ein sehr zuverlässiger Traffic-Lieferant. Zudem lassen sich erste Kampagnen mit »kleineren« YouTubern umsetzen. Dies gilt insbesondere, wenn die Zielgruppen der Influencer spitz und damit wenig Streuverluste zu erwarten sind. Um die Produktionskosten gering zu halten, kann es teilweise günstiger sein, einen versierten Influencer für Fotos oder Videos zu buchen und diese zu erwerben, als bei klassischen Produktionsfirmen einen Film oder Fotos zu beauftragen.

Instagram bietet mit IGTV mittlerweile die Möglichkeit, Videos bis zu einer Länge von einer Stunde zu veröffentlichen. Wie sehen Sie den Markt perspektivisch? Werden sich beide Player etablieren, oder wird sich YouTube in der Konsequenz neu aufstellen? Was bedeutet diese Entwicklung für Unternehmen, die Social Media Marketing mit Videos betreiben wollen?

Sarah Kübler: YouTube ist als größte Videoplattform weltweit ein großer Konkurrent für IGTV, und auch in seiner Vielfalt übertrifft YouTube das neue Tool von Instagram aktuell noch bei Weitem. Dennoch bietet sich IGTV für Unternehmen, die hauptsächlich auf Instagram präsent sind, gut an, denn die Marke kann auf ihre Bekanntheit bei Instagram in Form von Videos aufbauen, ohne eine neue Community auf der Plattform YouTube aufbauen zu müssen. Bei den meisten Unternehmen nehmen aber ehrlicherweise Instagram Stories und Postings, ob in Video- oder Bildform, (noch) den deutlich größeren Stellenwert ein.

HitchOn bringt YouTuber mit werbenden Unternehmen zusammen. Bei der Auswahl der Influencer als Markenbotschafter berücksichtigen Sie quantitative und qualitative Faktoren. Können Sie uns anhand eines Beispiels erläutern, wie Sie vorgehen?

Sarah Kübler: Die Auswahl der Influencer hängt sehr stark von den Wünschen des Kunden ab. In Bezug auf YouTube sind vor allem die durchschnittlichen Views eines Kanals relevant, da diese unabhängig von der Abonnentenzahl zeigen, wie ein Kanal wirklich performt. Hierzu gehören aber auch die Like/Dislike-Ratio, die Interaktionsrate und natürlich der Content der YouTuber. Auch die Wachstumsraten schauen wir uns sehr genau an! Bei speziellen Themen kann es ebenfalls relevant sein, woher der Influencer seine Zuschauer gewinnt: Ist dieser zum Beispiel besonders stark und gut in der Suche vertreten? Dafür schauen wir uns auf YouTube die Traffic Sources an.

Bei unseren Kampagnen und in der Zusammenarbeit mit Influencern ist es uns sehr wichtig, dass die Platzierung oder das Werbevideo authentisch ist und zu dem Influencer und seinem Kanal passt. Deshalb stimmen wir uns hier bereits im Vorfeld mit dem Unternehmen und dem Influencer ab. Nur wenn beide Seiten bei der Kooperation gewinnen, ist es ein perfekter Match.

Ihnen ist die inhaltliche Qualität der Beiträge sehr wichtig, gleichzeitig lassen sich die meisten Influencer ungern Vorschriften machen und wünschen sich viel kreative Freiheit. Wie gehen Sie in der Praxis damit um?

Sarah Kübler: Bei unseren Kampagnen ist es wichtig, dass sich die Influencer an das vorab vereinbarte Briefing halten, wichtige Rahmenbedingungen berücksichtigen und die vereinbarten Inhalte umsetzen. Dennoch sind der individuelle Content und die kreative Gestaltung der Videos, zum Beispiel bei einer Produktplatzierung, dem Influencer selbst überlassen. Die Videos und auch andere Beiträge der Kampagnen werden vor dem Upload von uns und dem Kunden abgenommen. Dabei achten wir insbesondere auf die korrekte rechtliche Werbekennzeichnung, die bereits im Vorfeld vertraglich festgelegt und in Spezialfällen anwaltlich individuell nochmals abgesichert wurde.

Nachdem etablierte Influencer immer bekannter und in der Folge teurer werden, wird mittlerweile viel auf Mikro-Influencer gesetzt. Bei diesen wird unterstellt, dass sie authentischer sind und ihre Follower homogener, sodass die Unternehmen gezielt eine Nische erreichen. Wie ist Ihre Erfahrung mit Mikro-Influencern, und welcher Art von Unternehmen empfehlen Sie eine Zusammenarbeit mit ihnen?

Sarah Kübler: Besonders kleineren und lokalen Unternehmen empfehlen wir die Zusammenarbeit mit Mikro-Influencern, da diese nicht nur zum Budget eines kleinen Unternehmens passen, sondern auch eine lokale oder in anderer Hinsicht fest umrissene Zielgruppe erreichen können. Die Authentizität eines Influencers ist nicht unbedingt an seine Reichweite gekoppelt. Dennoch lässt sich sagen, dass Mikro-Influencer aufgrund ihrer Größe intensiver mit ihrer Community interagieren und somit eine starke Zuschauerschaft bilden können. Wichtig ist aber: Allein klein ist kein Qualitätsmerkmal. Mikro-Influencer sind insbesondere dann spannend, wenn sie eine spezielle und ideal zum eigenen Produkt passende Zielgruppe abdecken und so für geringe Streuverluste sorgen.

Liebe Frau Kübler, wir danken Ihnen sehr herzlich für das Gespräch und die interessanten Hintergrundinformationen zu YouTube und Influencer-Marketing.

TikTok, Twitch und weitere Wettbewerber von YouTube

Video-Content sollte in Ihrem Marketing-Mix nach Möglichkeit nicht mehr fehlen. Suchen Sie abhängig von Ihren Themen und Ihrer Zielgruppe das passende Videoportal aus. Die breite Masse finden Sie auf YouTube – das Videoportal ist daher für Marketingzwecke die erste Wahl. Gleichzeitig ist allerdings die Konkurrenz groß, und es gibt einige interessante Nischenplayer.

Schauen wir uns mit TikTok und Twitch zwei Plattformen an, deren Zielgruppe eher die jüngere Generation darstellt.

TikTok (vormals musical.ly)

Als erfolgreiche Videoplattform spricht TikTok eine junge Zielgruppe an und tritt in Konkurrenz zu YouTube, Instagram und Snapchat. Die App musical.ly erfreute sich ab 2014 bei Jugendlichen mit eigenproduzierten Musikvideos hoher Beliebtheit. Für die sogenannte Lipsync-App filmten sich die jugendlichen Nutzer dabei, ein Lied als Vollplayback nachzusingen. Ähnlich wie bei Snapchat erschloss sich dies nur wenigen Menschen der Altersgruppe 30+. Mit weltweit 500 Millionen aktiven Nutzern pro Monat, davon vier Millionen in Deutschland, zeigt die App TikTok, die bis August 2018 musical.ly hieß, ein starkes Wachstum. Nach dem Kauf durch die chinesische Medienfirma Beijing Bytedance Technology ist mit einem weiteren Wachstum zu rechnen, besonders im asiatischen Raum.

Wichtiger als die Anzahl ist das Alter der Nutzer. Junge Nutzer wollen unter sich bleiben und sind für Marketingstrategen und Recruiter schwer zu erreichen. Statt auf Twitter oder Facebook auf ihre Familie und viel Werbung zu treffen, tummeln sie sich lieber auf TikTok, Snapchat oder Twitch. Dabei schauen die Anwender 39 Minuten pro Tag Kurzvideos und öffnen TikTok dafür achtmal.19

Die App bietet eine hohe Reichweite, da jeder die Videos anschauen kann, auch ohne auf der Plattform angemeldet zu sein. Sind Videos auf TikTok erfolgreich, verteilen sie sich auf YouTube und anderen Plattformen weiter und sorgen für eine noch größere Sichtbarkeit.

Auf TikTok leben die Jugendlichen ihre Kreativität aus und nutzen für ihre Videos verschiedene Filter, Effekte und Musik. Die Themen der bis zu 15 Sekunden kurzen Videos sind weit gefasst: Die Nutzer posten Gaming-Videos oder Filme aus den Bereichen Sport, Reisen oder Comedy. Ein Livestream ist ebenfalls möglich. Unternehmen sollten die Entwicklung der App im Auge behalten, auch für das Influencer-Marketing. Bislang sind wenige Unternehmen auf der Plattform vertreten, und bekanntlich ist es ein Vorteil, zu den Early Adoptern zu zählen. Starten Sie trotzdem nicht überhastet, sondern prüfen Sie genau, ob die Plattform, ihre Nutzer und die dort vertretenen Influencer zu Ihrer Marke passen.

TikTok: erfolgreiche Praxisbeispiele

Zu den Early Adoptern zählte 2019 der internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung der Vereinten Nationen. Mit der weltweiten Tanz-Challenge #DanceForChange rief er dazu auf, Perspektiven für Jugendliche in armen Ländern auf dem Land zu schaffen. Der Hashtag wurde schon 98 Millionen Mal aufgerufen.20 Die Kampagne #MachDichzumOtto des gleichnamigen Handelskonzerns sorgte bis September 2019 für respektable 139 Millionen Aufrufe.

Das Krankenhaus in Dortmund (@klinikumdo) hat auf TikTok schon 50.000 Follower.21 Die Social-Media-affine Klinik ist zudem auf Instagram, Snapchat, Twitter und Facebook aktiv – in Zeiten der Nachwuchssorgen bei Pflegepersonal eine gute Idee.

Mittelfristig ist es wahrscheinlich, dass sich die Nutzergruppe erweitert, ähnlich wie es bei Instagram zu beobachten war. Anfangs waren überwiegend unter 25-Jährige vertreten, heute treffen Sie dort von Jung bis Alt einen Querschnitt der Internetnutzer.

Borussia Dortmund war der erste strategische Partner von TikTok in Deutschland, seit April 2019 ist auch Konkurrent Bayern München dort online. Außerdem kooperiert die Plattform mit der Technopop-Band Scooter, was andeutet, dass die App nicht mehr nur die unter 20-Jährigen erreichen möchte.

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Abbildung 10-9 Scooter, falcopunch und TikTok starten die Kampagne #godsavetherave.

Scooter und H. P. Baxxter haben TikTok in einer Kampagne ihre Single »God Save The Rave« exklusiv zur Verfügung gestellt und die Challenge #godsavetherave ins Leben gerufen. Der Kampagnen-Hashtag wurde daraufhin sieben Millionen Mal aufgerufen.22

Die Community auf TikTok

Fans und Follower zu sammeln, spielt in TikTok weniger stark eine Rolle als auf Facebook, Twitter oder Instagram. Die App stellt automatisch Inhalte zusammen und lernt, die Interessen ihrer Nutzer zu verstehen. Wer sich anmeldet, bekommt sofort einen Newsfeed präsentiert und muss sich diesen nicht mühsam zusammenstellen.

Bieten Sie kreative und unterhaltsame Videos mit relevantem Content, belohnt Sie die Plattform mit Aufmerksamkeit, ohne dass Sie zunächst eine Community aufbauen müssen. Dabei liegt in der Kürze die Würze, ein Krachervideo braucht auch nur zehn Sekunden lang zu sein. Die Community sollte trotzdem gepflegt werden, auch wenn Sie eine Challenge durch bezahlte Hashtag-Anzeigen pushen können.

Der Algorithmus von TikTok stellt eine Chance für Unternehmen mit kleinem Marketingbudget dar. Starten diese eine kreative und exklusive Hashtag-Challenge, sorgen sie für eine höhere Brand Awareness. Dabei empfiehlt sich die Kooperation mit einem glaubwürdigen Influencer, der zur Marke und den Produkten passt. Ergänzend kann das Unternehmen mit nativen Videoanzeigen werben, gesponserten Lenses oder Brand-Take-over-Anzeigen.

Mit jedem neuen Video muss erneut der Funke überspringen, sonst erlischt das Interesse der Nutzer wieder. Die Plattform profitiert davon, dass sich die TikToker mit jedem neuen Video wieder besonders anstrengen. Die Nutzer bekommen attraktive Inhalte geboten, und die Unternehmen werden mit Reichweite belohnt. Sorgen Sie dafür, dass Sie die Nutzer auf Ihre Seiten holen. Blenden Sie am Ende Ihrer Videos als Call-to-Action einen Link ein, der zur Landingpage, dem Webshop oder dem Blog führt.

Sobald ein neuer Anbieter erfolgreich wird, klopfen im besten Fall größere Unternehmen an, um ein Übernahmeangebot zu machen. Im schlechteren Fall kopieren sie dreist die Geschäftsidee. Letzteres musste TikTok erleben. Facebook hat sich mit seiner App Lasso an musical.ly »orientiert« und ermöglicht seinen Nutzern, sich beim Karaokesingen oder Tanzen zu filmen. Die Videos lassen sich als Facebook und Instagram Story teilen. Der Grund liegt auf der Hand: Facebook laufen die jungen Nutzer in Scharen weg.

Twitch

Das 2011 gegründete und drei Jahre später von Amazon gekaufte Livestreaming-Portal fokussierte sich mit Videospielen und E-Sport zunächst erfolgreich auf Gamer – in Konkurrenz zu YouTube Gaming.23 Die Gamer können auf Twitch auf einem technisch hohen Niveau im Partnerprogramm mit Sponsoring und Abonnements sowie Werbeeinblendungen ihren Kanal monetarisieren. Diese Nische ist größer, als auf den ersten Blick gedacht. Die Gaming-Branche setzt in Deutschland Milliarden um, und Veranstaltungen des E-Sports finden in großen Hallen statt.

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Abbildung 10-10 Ninja zählt mit 15 Millionen Followern zu den bekannten E-Sportlern auf Twitch.

Thematisch hat sich Twitch mittlerweile ausgeweitet, und es gibt Beiträge zu Cosplay, Kunst, Programmierung und vielem mehr. Als Tochter von Amazon ist die Anbindung an die E-Commerce-Plattform eng. Dazu gehört zum Beispiel die Verknüpfung eines Amazon-Kontos mit Twitch Prime, um Streaming ohne Werbung zu ermöglichen und Preisnachlässe beim Kauf von Spielen auf Amazon zu gewähren. Die Reichweite bei jungen, insbesondere Gaming-affinen und durchaus zahlungskräftigen Nutzern ist hoch, sodass Marketingverantwortliche Twitch auf dem Schirm haben sollten. Sie wissen bereits, dass es sich lohnen kann, zu den Early Adoptern zu zählen. Für Deutschland nannte die verschwiegene Plattform zuletzt mehr als zwei Milliarden Zuschauerminuten pro Monat.24

Weitere Videoportale

Im Folgenden schauen wir uns weitere Video-Sharing-Sites an, die Sie nicht vernachlässigen sollten. Je nach Zielgruppe erreichen Sie Ihre Nische (auch) auf diesen Videoportalen gut.

DailyMotion (http://www.dailymotion.com)

Die deutschsprachige Oberfläche des 2005 gegründeten französischen Plattformanbieters zieht mit ihrem übersichtlichen Layout nach eigenen Angaben weltweit 300 Millionen Nutzer an. In Deutschland hat die Videoplattform ungefähr vier Millionen Nutzer pro Monat und kann auch für Unternehmen interessant sein. Die Nutzer lassen sich schwer einer Nische zuordnen. Dass sich die Oberfläche optisch wenig von YouTube unterscheidet, ist als Vorteil zu sehen – die Zuschauer müssen sich nicht groß umgewöhnen. Bezüglich Länge und Volumen der Videos sind die Vorgaben weniger streng als bei YouTube.

Vimeo (http://vimeo.com)

Auf dem weitgehend kostenpflichtigen Videoportal dürfen nur jene Menschen Videos hochladen, die an ihrer Produktion wesentlich beteiligt waren oder darin auftreten und über alle nötigen Rechte verfügen. Lediglich Vimeo-Pro- und Business-Mitglieder dürfen auch Videos hochladen, die sie nicht selbst erstellt haben, sofern sie über die erforderlichen Rechte verfügen. Auf Vimeo treffen Sie auf eine vergleichsweise kleine, aber sehr interessierte, professionelle und kreative Community, die im Durchschnitt künstlerisch anspruchsvollere Videos veröffentlicht und ansieht als auf YouTube. Insbesondere die Kunst-, Kreativ- und Filmszene findet sich auf dieser ansprechend und übersichtlich gestalteten Videoplattform. Unternehmen nutzen Vimeo häufig für Videos, die sie auf ihrer Website einbinden, aber auch für künstlerische Videos und Markeninhalte.

Wistia (https://wistia.com/)

Bei Wistia handelt es sich um eine interessante Nische. Nach einem kostenfrei verfügbaren Test fallen für die dauerhafte Verwendung für das Unternehmen Kosten an. Dafür entschädigen leistungsstarke Analysetools und Gating-Funktionen. Die Gating-Funktion kann zur Leadgenerierung eingesetzt werden, wenn Nutzer beispielsweise ihre E-Mail-Adresse angeben müssen, um sich für ein Video anzumelden. Außerdem bietet Wistia die Möglichkeit, den Videoplayer im Corporate Design anzupassen. Besonders gern wird Wistia für Webinare und Landingpage-Videos verwendet, aber auch für Sales- und Marketing-Content.25

MySpace Video (https://myspace.com/discover/videos)

Entgegen anderslautenden Gerüchten gibt es MySpace noch, und die Plattform wird sogar weiterentwickelt. So wurde die Seite 2018 DSGVO-konform überarbeitet. Aktuelle Nutzerzahlen und Erfolgsgeschichten sind jedoch rar geworden.

Ephemeral Content und Livestream in Social Media

Wir haben darüber gesprochen, wie ein gutes Video strategisch geplant wird, welche Technik Sie benötigen und wie es vermarktet wird. Dabei gehen wir von bleibenden Beiträgen aus, die auch nach langer Zeit noch abgerufen werden können. Viele Videoklassiker sind mittlerweile Jahre alt, werden aber auf YouTube trotzdem noch gern angeschaut. Seit einiger Zeit gibt es in den sozialen Medien jedoch einen Hang zu flüchtigen Momenten, auch Ephemeral Content genannt. Diesen stellen wir in Kapitel 9 vor. Dabei kann es sich um Fotos oder Videos handeln, die auf Snapchat, in einer Instagram Story oder der Story von Facebook nur für einen bestimmten Zeitraum sichtbar sind und anschließend gelöscht werden. Ganz so vergänglich sind sie mittlerweile nicht mehr, in Instagram können besonders erfolgreiche Stories in den Highlights archiviert werden. Auch in Facebook können Stories archiviert und wiederverwendet werden.

Auf Instagram, Facebook und Twitter ist auf unkomplizierte Weise eine Liveübertragung möglich, also ein Livestream. Ob und wie dieser im Anschluss archiviert werden kann, schauen wir uns an.

Instagram Live, IGTV und Stories

In Kapitel 9 haben wir die Fotofunktion von Instagram vorgestellt, nun wollen wir ergänzen, was Instagram in Sachen Bewegtbild zu bieten hat. Social Videos dürfen auf der Plattform maximal 15 Sekunden lang sein, auf Instagram TV (IGTV) auch länger. Neben der Fotofunktion bietet Instagram Ephemeral Content in Form von Stories an sowie Livestreaming und Videos. Haben Sie sich für eine Präsenz auf Instagram entschieden, sollten Sie zumindest punktuell alle Funktionen nutzen.

Instagram Live

Berichten Sie mit Instagram Live von der Präsentation eines neuen Produkts oder der Eröffnung eines neuen Standorts. In einem Live-Video können Sie auch Fragen der Community beantworten oder einen exklusiven Blick hinter die Kulissen ermöglichen. Planen Sie die Inhalte mit einem Drehbuch oder einem Storyboard und machen Sie sich Gedanken über die ersten Sätze.

Ein stabiles WLAN am Veranstaltungsort vorausgesetzt, können Sie bereits mit einem hochwertigen Smartphone übertragen, idealerweise im Hochformat oder als quadratisches Video. Achten Sie dabei auf eine gute Beleuchtung und vermeiden Sie zu viel Hintergrundgeräusche. Können Ihre Fans Sie weder gut sehen noch problemlos verstehen, schalten sie den Livestream schnell wieder ab. Denken Sie auch daran, die Akkus aller involvierten Geräte vorab zu laden und zur Sicherheit eine Powerbank griffbereit zu halten. Im Anschluss müssen Sie entscheiden, ob Sie das Live-Video auf Ihrem Smartphone speichern wollen oder es gar für weitere 24 Stunden in der Story sichtbar machen möchten. Es in der Story zu teilen, kann sinnvoll sein. Ebenso ist es möglich, eine kurze Zusammenfassung des Live-Videos in der Story zu ergänzen.

Berücksichtigen Sie die geringe Aufmerksamkeitsspanne der meisten Internetnutzer. Daher beobachten Sie während Ihres Livestreams das Kommen und Gehen Ihrer Zuschauer. Scheuen Sie deshalb keine Wiederholungen und erläutern Sie immer wieder, was gerade passiert und was Sie den Zuschauern zeigen.

Instagram TV (IGTV)

Wollen Sie eine Geschichte erzählen, bietet sich die Videofunktion von Instagram TV (IGTV) an. Bis zu einer Stunde lang können Ihre Videos bei IGTV sein, und sie lassen sich ebenso über das normale Instagram abrufen. Auch wenn der Name der App an das klassische Fernsehen erinnert, erscheinen die Videos im Smartphone-Hochformat 9:16.

Wir empfehlen hier erneut, die Aufmerksamkeitsspanne Ihrer Follower zu berücksichtigen und sich auf kurze und knackige Beiträge zu fokussieren. Es gibt natürlich auch Formate, die als längere Filme gut funktionieren. Bevor Sie Ihren Film veröffentlichen, wählen Sie Ihr Titelbild sorgfältig aus den zur Verfügung stehenden Standbildern aus. Dieses Bild wird dem Video vorangestellt, die Startszene selbst ändert sich dadurch nicht.

Tipp

Einige Tools, um die Instgram Stories weiter zu verbessern, hat t3n zusammengetragen unter http://bit.ly/2r2eymF.

Weitere Tipps für Instagram Stories finden Sie bei onlinemarketing.de: https://onlinemarketing.de/news/7-tools-fuer-die-perfekte-instagram-story.

Instagram Stories

Täglich verwenden 500 Millionen Nutzer Stories mit Fotos, Text, Musik und Videos. Als Ephemeral Content sind sie lediglich für 24 Stunden sichtbar. Kommen Stories besonders gut an, können Sie diese in Ihre individuellen Highlights von Instagram aufnehmen. Stories haben einen spielerischen Charakter und nicht den Anspruch, perfekt zu sein. Dennoch sollten Unternehmen die verwendeten Fotos sorgfältig auswählen, eine Geschichte mit rotem Faden anbieten und idealerweise einen Call-to-Action platzieren. Die Story sollte unterhalten und nicht mehr als vier bis sechs Bilder beinhalten. Der Wechsel zwischen Fotos und Videos ist möglich – und sorgt für Abwechslung. Wenn Sie ein Produkt bewerben, vergessen Sie nicht, den Link zu Ihrem Webshop einzubauen.

Facebook Live, Stories und Watch

In Kapitel 8 haben Sie Facebook kennengelernt. Facebook ist das größte soziale Netzwerk der Welt und für Fans von Videos eine wichtige Plattform. Facebook sollte ein fester Bestandteil Ihres Video-Content-Marketings werden. Sie wenden nun vielleicht ein, dass Sie in Facebook einfach den Link zu Ihrem YouTube-Video posten können. Das Teilen eines YouTube-Links auf Facebook verschafft Ihnen weitere Zuschauer, das ist korrekt. Vergessen Sie aber nicht, dass der Facebook-Algorithmus eigene Videos bevorzugt anzeigt und generell stark auf Bewegtbilder setzt. Erstellen Sie deshalb gelegentlich Videos speziell für Facebook. Diese dürfen unglaubliche vier Stunden lang sein, von dieser Länge raten wir jedoch ab! Haben Sie schon mit 360-Grad-Videos experimentiert, diese vielleicht gar von einer Drohne anfertigen lassen? Wie der Name andeutet, kann der Nutzer das Motiv des Kurzfilms aus unterschiedlichen Perspektiven sehen.

Facebook Live

Nutzen Sie Facebook Live, kündigen Sie die Liveübertragung vorher an und erstellen dafür ein Facebook-Event. Wählen Sie das Vorschaubild sorgfältig aus, insbesondere wenn Sie den Livestream nach der Übertragung speichern wollen. Ein attraktives Vorschaubild sollte neugierig machen, zu Ihrem Corporate Design passen und leicht verständlich sein. Auch die Beschreibung ist wichtig, um im Newsfeed der Fans ihr Interesse zu wecken. Sie sollte neugierig machen und erklären, worum es im Video geht. Arbeiten Sie vor Ort mindestens zu zweit. Einer filmt und moderiert, und eine zweite Person überwacht die Fragen und reagiert zeitnah auf Kommentare der Fans. Denken Sie daran, dass die Kommentare mit einer zeitlichen Verzögerung bei Ihnen sichtbar werden. Kommentare sind wichtig und pushen die von Facebook gewünschten »Meaningful Interactions«. Bauen Sie eine Abstimmung ein und verkünden Sie die Ergebnisse in der Liveübertragung.

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Abbildung 10-11 Bei einem spontanen Livestream von heise online zum Ende der Cebit wurde fleißig diskutiert.

Haben Sie immer einen Plan B in der Tasche, falls während der Aufzeichnung etwas schiefgeht oder das Netz ausfällt. Im Anschluss an den Livestream können Sie entscheiden, ob Sie das Video archivieren wollen oder es gelöscht wird.

Facebook Stories

Nachdem sich Instagram mit seinen Stories erfolgreich an Snapchat »orientiert« hat, wollte auch Facebook nicht zurückstehen.

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Abbildung 10-12 In den Facebook Stories wirken die Beiträge eher spontan.

Die Facebook Stories haben mittlerweile deutlich aufgeholt und sind mit 500 Millionen Zuschauern weltweit pro Tag ähnlich beliebt wie die Stories auf Instagram.26 Ein Grund für Platz zwei könnte sein, dass häufig zunächst eine Instagram Story erstellt und diese als Cross-Posting auch auf Facebook veröffentlicht wird. Nutzer, die das merken, schauen sich die Story kein zweites Mal an, und – schlimmer noch – wer es nicht rechtzeitig bemerkt, ist genervt.

Seit Ende 2018 können Werbetreibende in den Facebook Stories auch Werbevideos von maximal 15 Sekunden Länge buchen.

Facebook Watch

Das Videoportal Facebook Watch ist seit August 2018 auch in Deutschland ein Teil der Facebook-App. Facebook bündelt damit die Videos an einem Ort und greift den Konkurrenten YouTube an. Doch nicht nur das, das neue Produkt will auch den Konsum des klassischen Fernsehprogramms verändern und personalisieren. In Werbepausen werden Spots geschaltet und die Erlöse zwischen den Videoproduzenten und Facebook aufgeteilt. In 2019 gab Facebook an, dass bereits 720 Millionen Menschen mindestens einmal pro Monat Watch nutzen, teilweise über Watch Partys. Außerdem wurde ProSiebenSat.1 als erster Partner in Deutschland genannt.27

Twitter Live

Die Plattform Twitter stellen wir in Kapitel 7 näher vor. Neben Instagram Live und Facebook Live bietet auch Twitter mit Periscope die Möglichkeit, einen Livestream zu nutzen. Sofern Sie Twitter bereits den Zugriff auf Kamera und Mikrofon erlaubt haben, trennen Sie nur zwei Klicks von der Übertragung mit Twitter Live. Zunächst starten Sie mit dem üblichen Verfassen-Symbol, doch statt einen Tweet zu schreiben, klicken Sie auf das Kamerasymbol und anschließend auf Live. Dann beschreiben Sie mit einem kurzen Text, worum es in Ihrem Livestream geht, und starten den Stream. Falls Sie zwischenzeitlich auf eine reine Tonübertragung umschalten wollen, tippen Sie auf das Mikrofonsymbol über dem Live-Video-Symbol.

Ergänzen Sie Ihren Live-Video-Tweet um einen Standort, erscheint Ihr Video am entsprechenden Ort auf der Periscope-Weltkarte. Da die Live-Videos auf Twitter automatisch als Tweet gepostet werden, werden sie damit auch gespeichert und sollten bei Bedarf aktiv gelöscht werden. Sie können den Titel oder das Miniaturbild des gespeicherten Videos im Nachhinein noch verändern, Gleiches gilt für den Startpunkt.28 Bislang wird die Livestreaming-Funktion von Twitter eher selten genutzt und erhält mangels Konkurrenz mehr Aufmerksamkeit.

Snapchat

Wie in Kapitel 9 beschrieben, lassen sich mit Snapchat sogenannte Snaps in Form von Bildern, Texten und Videos versenden und für die erneute Verwendung in den Memorys speichern. Social Videos dürfen auf Snapchat maximal zehn Sekunden lang sein.

Checkliste: Der Weg zu multimedialen Inhalten

  • Ziele und Inhalte definieren: Welche Bilder und Botschaften wollen Sie transportieren, welche Kundengruppen erreichen?
  • Welche Kanäle wollen Sie bedienen? Kaum ein Unternehmen schafft es, Präsenzen auf allen Foto- und Videoportalen zu eröffnen. Prüfen Sie genau, für welche Plattformen bereits Ideen und Inhalte vorliegen und wo der Start unternehmerisch am sinnvollsten ist.
  • Richten Sie Ihren Unternehmenskanal auf einer oder mehreren Plattformen ein. Denken Sie an eine unternehmenskonforme Gestaltung der Seite, sodass Ihre Kunden Sie wiedererkennen und Ihre Markenbekanntheit gesteigert wird.
  • Beginnen Sie, anderen Nutzern zu folgen, und beteiligen Sie sich an der Diskussion.
  • Kümmern Sie sich um die nötige Ausrüstung für Ihre Kollegen, falls Sie einen Videoclip drehen wollen, oder um die Kulisse für eine regelmäßig produzierte Show.
  • Organisieren Sie sich Mitstreiter: Bei der Produktion von Videos ist Teamwork gefragt.
  • Klären Sie rechtliche Fragen und erschließen Sie sich Quellen lizenzfreier Musik, falls Sie ein Video produzieren wollen.
  • Sorgen Sie für die Verbreitung Ihres Angebots! Das beginnt bei der richtigen Verschlagwortung, den passenden Partnern für Seeding und Influencer-Marketing und endet bei der Integration des Videokanals auf Ihren Websites und in den sozialen Netzwerken.
  • Bewerben Sie Ihr Multimedia-Angebot – durch Erwähnung in Newslettern, Messenger-Diensten und E-Mail-Signaturen, auf der Website sowie auf gedruckten Werbematerialien wie Plakaten oder Flyern.
  • Nutzen Sie die Statistiktools der jeweiligen Anbieter, um Ihren Erfolg oder Misserfolg zu analysieren.
  • Bleiben Sie im Gespräch: Reagieren Sie auf die Kommentare Ihrer Zuschauer und stellen Sie selbst Fragen. So festigen Sie nicht nur die Treue und das Vertrauen Ihrer Zuschauer, sondern sichern auch deren Verweildauer auf Ihrer Seite.

Als flüchtige Inhalte (Ephemeral Content) löscht Snapchat die Beiträge nach wenigen Sekunden, abhängig von der gewählten Einstellung des Absenders. Werden Snaps in eine Story integriert, sind sie dort bis zu 24 Stunden sichtbar. Durch die kurze Verfügbarkeit der Inhalte sind die Snapchat-Nutzer häufiger auf der Plattform aktiv – um nichts zu verpassen. Der Content hat einen authentischen, spielerischen und humorvollen Charakter, und die Nutzer gestalten ihre Fotos kreativ mithilfe verschiedener Linsen und Filter. Die Nutzer von Snapchat sind jung: 72 Prozent der deutschen Nutzer von Snapchat sind maximal 24 Jahre alt und nur 13 Prozent älter als 35 Jahre.29

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Abbildung 10-13 Spiegel Online erschließt sich über seinen Discover-Kanal bei Snapchat eine junge Zielgruppe.

Snapchat war einige Jahre erfolgreich und ist stetig gewachsen. Das Kopieren der Geschäftsidee durch Instagram und seine Stories versetzte Snapchat jedoch einen harten Schlag. 2019 stieg die Zahl der aktiven Nutzer von Snapchat im zweiten Quartal wieder auf weltweit 203 Millionen, für Europa nennt das Unternehmen davon 64 Millionen Nutzer.30 Die Nutzerzahlen für Deutschland werden auf knapp zehn Millionen geschätzt.31 Als Marken- und Branding-Kanal bleibt Snap für all jene interessant, die die Zielgruppe der jungen Menschen erreichen möchten. Auch für das Employer Branding und die Suche nach Auszubildenden hat sich für einige Unternehmen das Engagement in Snapchat bewährt. Darauf gehen wir in Kapitel 11 ein. Mit unterschiedlichen Anzeigenformaten können Unternehmen ihre Botschaften im Bereich Discovery oder zwischen den Live-Stories platzieren sowie Linsen oder Filter sponsern. Snapchat verspricht dabei ein zielgenaues Publikum, das nach demografischen Merkmalen, Interessen und Konsumgewohnheiten gefiltert wird.

Zusammenfassung

Videos sind im Netz beliebt und eignen sich gut für das Content Marketing. Kurze und knackige Videos mit einem fesselnden Einstieg und einem klugen Storytelling verankern Inhalte und Werbebotschaften schnell und nachhaltig. Die durchdachte Strategie und eine kreative Idee sind dabei wichtiger als eine teure Ausrüstung. Nutzen Sie Ihr Netzwerk für die Verbreitung des Videos und binden Sie Influencer ein. Der Einsatz von Video-Sharing kann bewirken, dass sich das Video viral verbreitet. Die dadurch generierte Aufmerksamkeit hilft Ihnen beim Vermarkten Ihrer Produkte und Dienstleistungen. Was Videos betrifft, ist YouTube das beliebteste Portal, aber auch andere Websites bieten einen vergleichbaren Service an – allerdings bei geringerer Reichweite. Abhängig von Ihrer Zielgruppe könnten TikTok, Twitch oder Daily-Motion für Sie interessant sein.

Auf YouTube und anderen Videoportalen haben Sie viele Möglichkeiten, Ihrem Video zu mehr Bekanntheit zu verhelfen, zum Beispiel durch die sorgfältige Vergabe von Tags und ihr gezieltes Weiterverbreiten über Social Media. Ihr Video sollte nicht zu lang sein, weil Sie mit dem Überangebot an Content um die Aufmerksamkeit der Zuschauer konkurrieren. Da Ihr Video am Anfang viel Unterstützung benötigt, um eine größtmögliche Öffentlichkeit zu erreichen, sollten Sie nach dem Upload unbedingt die Werbetrommel rühren. Nutzen Sie dafür Ihr Netzwerk und Ihre Präsenz in anderen Social-Media-Plattformen – arbeiten Sie auch mit Ephemeral Content wie Stories.

Um mit Ihrem Publikum »persönlich« in Kontakt zu treten, ist Videoblogging gut geeignet. Am wirkungsvollsten ist es, wenn der Vlogger einfach er selbst bleibt: Ein regelmäßiges, authentisch und unterhaltsam vorgetragenes Videoblog erobert Ihnen sicherlich einen Platz in den Herzen Ihrer Kunden.

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