KAPITEL 2

Eine Social-Media-Strategie entwickeln

In diesem Kapitel:

Bevor Sie nun im Social Web durchstarten, sollten Sie sich gut überlegen, was Sie erreichen möchten. Worauf hoffen Sie? Möchten Sie von mehr Menschen wahrgenommen werden? Wenn ja, von wem genau? Wollen Sie die Umsätze in Ihrem Webshop oder die Nachfrage nach Ihren Dienstleistungen steigern? Oder beides? Welche Voraussetzungen müssen Sie dazu in Ihrem Unternehmen schaffen, und wie gelingt es Ihnen, alle ins Boot zu holen? In diesem Kapitel gehen wir anhand der wichtigsten Schritte durch, wie Sie Ihre Social-Media-Strategie entwickeln.

Aber warum können Sie nicht einfach schon mal anfangen? So schwer kann das doch nicht sein! Das ist richtig. Im Prinzip sind die sozialen Netzwerke und Dienste so angelegt, dass Sie mit wenigen Handgriffen ein Profil erstellen und loslegen können. Sobald Sie sich jedoch aus unternehmerischen Gründen mit Social Media beschäftigen, sollten Sie einige Überlegungen voranstellen. Eine konkrete Zielsetzung erleichtert Ihnen den Zugang zu Social Media, weil sie Ihre Aktivitäten plan- und messbar macht. Ihre Strategie für Social Media sollte sich in Ihre unternehmerische Gesamtstrategie einfügen. Sie werden Zeit, Geld und Personalressourcen einsetzen müssen. Das erfordert einen Plan.

Rund drei Viertel aller deutschen Unternehmen sind mittlerweile auf die eine oder andere Weise in Social Media aktiv. Die Wahrscheinlichkeit, auf Ihre Mitbewerber oder Geschäftspartner zu stoßen, ist daher nicht gering. Ein professioneller Auftritt – möglichst von Anfang an – ist daher Pflicht, das erwarten auch Ihre Kunden und Ihre Mitarbeiter. Wenn Sie loslegen, ohne sich über Ihre Erwartungen und Ihr Vorgehen Gedanken zu machen, sind Enttäuschungen oder gar Ihr Scheitern vorherbestimmt.

Hinzu kommt, dass im Social Web normalerweise niemand darauf wartet, dass Sie die Bühne betreten. Es mangelt im Internet nicht an Neuigkeiten, Informationen und Unterhaltung. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, sichtbar und interessant genug zu werden und sich so die konstante Aufmerksamkeit von Nutzern zu sichern. Ihr Fahrplan zur Strategieentwicklung besteht im Wesentlichen aus sechs Bausteinen, für die Sie sich selbst jeweils einige Fragen beantworten müssen (siehe Abbildung 2-1).

Analyse und Vision

• Wo stehen Sie? Wo wird über Ihr Unternehmen gesprochen?

• Wie positioniert sich Ihre Konkurrenz?

• Wohin wollen Sie? Wie ist Ihr Unternehmen dafür aufgestellt?

 

Zielgruppen

• Wen wollen Sie erreichen?

• Was wissen Sie über Ihre Zielgruppen?

• Was können Sie noch herausfinden?

 

Ziele

• Was wollen Sie konkret erreichen?

• Welche messbaren Ziele können Sie benennen?

 

Kanäle

• Auf welchen Plattformen erreichen Sie Ihre Zielgruppen?

• Wo lassen sich Ihre Ziele umsetzen?

 

Content

• Welche Inhalte und Themen wollen Sie anbieten?

• Wie werden Sie Ihre Inhalte planen?

• Welche finanziellen und personellen Ressourcen, welche Kompetenzen benötigen Sie?

 

Erfolg und Justierung

• Wie und wann wollen Sie Erfolg oder Misserfolg feststellen?

• Welche Rolle spielt Social Media in Ihrer Kommunikationsstrategie?

• Wie und wann lassen sich Maßnahmen aus Ihrer Social-Media-Strategie anpassen?

Abbildung 2-1 Fahrplan zur Social-Media-Strategie. Wie jeder gute Fahrplan sollte er nicht für die Ewigkeit geschrieben, sondern permanent feinjustiert und an neue Anforderungen und Erfahrungen angepasst werden.

Ihre Social-Media-Strategie ist nicht nur wichtig, um sich nicht vor der Konkurrenz oder den Kunden zu blamieren. Social Media wirken in alle Abteilungen hinein, und neue Formen und Wege der Kommunikation verändern das ganze Unternehmen. Die Ansprüche Ihrer Kunden wandeln sich, und auch neue Mitarbeiter tragen neue Anforderungen in Ihr Haus hinein. Insofern dient eine Social-Media-Strategie auch der internen Kommunikation, damit alle wissen, warum, für wen, womit, wie, wo, warum und mit welchem Erfolg das Unternehmen im Social Web aktiv ist und welchen Anteil sie selbst daran möglicherweise haben. Die viel beschworene Transparenz ist nicht nur nach außen nötig, sondern insbesondere auch nach innen.

Und wenngleich die Schritte auf dem Weg zu einer Social-Media-Strategie bei allen Unternehmen nahezu die gleichen sind, werden Ihre Strategie und Ihre Aktivitäten im Web hoffentlich einzigartig sein. »Hoffentlich« deshalb, weil Ihre Präsenz in den sozialen Medien so unverwechselbar sein sollte wie Ihre Marke, Ihre Produkte und Ihre Dienstleistungen, um wahrgenommen und wiedererkannt zu werden.

Um herauszufinden, auf welche Weise Sie Mitglieder einer bestehenden Community am besten ansprechen, sind Recherche und sorgfältige Planung notwendig. Wenn Sie unreflektiert und rücksichtslos mit Werbe- und Verkaufsbotschaften ins Spiel einsteigen, kann das negative Folgen für Ihre Reputation und Ihre Marke haben. Die Leute können sich schließlich aussuchen, wem sie zuhören und wen sie ignorieren. Und sie sind längst nicht mehr sehr empfänglich für reine Werbebotschaften, das steht unumstößlich fest. Wenn es Ihnen nur um Klicks geht und Sie nie etwas mit Wert ins Netzwerk zurückgeben, werden Sie sehr schnell scheitern. Diese und andere Überlegungen, auf die wir im Folgenden eingehen werden, fließen in die Definition Ihrer Strategie ein.

Analyse und Vision

Möglicherweise haben Sie längst Kundenstimmen zu Ihrem Unternehmen gefunden, sind vielleicht auch schon über Erwähnungen bei Twitter oder Facebook gestolpert oder haben eine Amazon-Rezension erhalten. Oder aber Sie lesen regelmäßig, was im Social Web über Ihre Themen, Ihre Branchen und Märkte, über Wettbewerber geäußert wird – und sind aber selbst noch nicht (wesentlich) in Erscheinung getreten. Am Anfang Ihrer Strategieplanung soll eine Bestandsaufnahme stehen:

  • Gibt es bereits Gespräche über Ihr Unternehmen und/oder Ihre Produkte, und wo überall finden sie statt? Beginnen Sie mit einem einfachen Suchlauf bei Google sowie den großen Plattformen Facebook, Twitter, LinkedIn, XING und Instagram. Wenn es eine spezielle Website oder ein besonderes Forum für Ihre Branche gibt, suchen Sie dort noch einmal besonders gründlich.
  • Falls Sie bereits fündig werden: Wie ist Ihr Unternehmen präsent? Gibt es bereits bestehende Kanäle? Unter Umständen können diese auch von früheren Mitarbeitern angelegt und inzwischen verwaist sein. Wie wird über Ihr Haus gesprochen? Wer spricht, und auf welchen Plattformen?
  • Wie ist Ihr Unternehmen intern aufgestellt: Gibt es eine Marketing- und/oder PR-Abteilung, die eine entsprechende Strategie pflegt? Gibt es bereits Regeln zum Umgang mit sozialen Medien, gibt es Kompetenzen, beispielsweise eine ausgebildete Grafikerin oder Texterin? Wenn Sie zu einem großen Konzern oder zu einer Unternehmensgruppe gehören: Bestehen interne Regelungen, wie Tochterunternehmen oder Filialen auftreten sollen?

Sammeln Sie alles, was Sie über sich finden, und wenden Sie sich dann auch Ihrer Konkurrenz zu. Analysieren Sie, wie Ihre wichtigsten Wettbewerber in den sozialen Medien agieren. Notieren Sie, was Ihnen und was den Kunden Ihres Wettbewerbers gefällt – aber auch, worauf er schlechte oder keine Resonanz bekommt. Lernen Sie Ihre potenziellen Kunden etwas besser kennen: Auf welchen Plattformen sprechen sie miteinander, gibt es beliebte Tageszeiten? Welche Fragen stellen sie häufig, was kritisieren sie? Eine klassische SWOT-Analyse, mit der Sie Ihre Stärken und Schwächen, Ihre Chancen und Risiken in einer Matrix herunterbrechen, kann Ihnen die richtige Struktur für diese erste Etappe liefern.

Die Angst vor Kontrollverlust überwinden

In Kapitel 1 haben wir kurz angesprochen, was Unternehmen in Social Media am meisten fürchten: die Kontrolle über ihre Botschaft zu verlieren. In traditionellen Medien ging die Kommunikation nur in eine Richtung: Sie sagten etwas, und das Publikum lauschte. Heute hat sich die Kommunikation drastisch geändert. Unternehmen sind im Web mit Millionen von Menschen konfrontiert, die etwas zu einer Marketingbotschaft beitragen und sich zu ihr verhalten können. Somit ist Social Media Marketing inhärent sozial. Und der Dialog geht in beide – tatsächlich sogar viele verschiedene – Richtungen, da jetzt nicht mehr nur Marketingexperten und Unternehmen sprechen, sondern auch jeder Einzelne im Publikum eine Stimme hat. Es besteht ein Gleichgewicht der Kräfte zwischen Ihnen (dem Vertreter der Marke) und den anderen (den Vertretern des Markts). Und zwar dauerhaft und permanent.

Über Ihre Marke, Ihre Produkte oder Dienstleistungen wurde vermutlich schon immer gesprochen. In sozialen Medien haben Sie nicht nur die Möglichkeit, diese Meinungen und Bewertungen zu finden, meist können Sie mit Ihren Kunden auch direkt Kontakt aufnehmen oder auf Empfehlungen und Kritikpunkte öffentlich eingehen. Sie können Teil der Gespräche in Social Media werden und dabei wertvolle Erkenntnisse für Ihre unternehmerischen Aktivitäten schöpfen.

Schauen Sie sich beispielsweise die Amazon-Website an. Amazon bietet Millionen von Produkten an, von Büchern über Textilien bis hin zu Heimwerkerbedarf. Jedes Produkt kann bewertet und kommentiert werden. Ein beliebtes Produkt bringt es manchmal auf Hunderte von Bewertungen. Wie Abbildung 2-2 zeigt, werden Marken und Produkte unter Verbrauchern heiß debattiert. Die Bewertungen fließen, ebenso wie Empfehlungen von Freunden, nachweislich in die Kaufentscheidung ein.1

image

Abbildung 2-2 Hunderte von Kunden bewerten Produkte im Internet.

Doch auch anderswo im Internet finden lebhafte Diskussionen statt. Ein Kunde, der sich über schlechten Service und Support ärgert (zum Beispiel über eine unsachgemäße Paketlieferung durch ein Transportunternehmen oder einen Unternehmer), kann ein Blog starten, in dem er seine Unzufriedenheit artikuliert und sich darüber mit anderen Bloggern austauscht. Umgekehrt haben zufriedene Kunden schon manche Fanseite bei Facebook gestartet und Videos hochgeladen, um ihre Begeisterung für eine geschätzte Marke, gekaufte Produkte oder segensreiche Dienstleistungen zu zeigen. Blogs und soziale Netzwerke bringen Erfahrungen mit Unternehmen und Meinungen zu Produkten an die Öffentlichkeit.

Wo finden sich Bewertungen von Kunden?

Einige Websites existieren allein zu dem Zweck, Unternehmen in einem positiven oder einem negativen Licht zu schildern. Es werden Stories über Erfahrungen mit bestimmten Unternehmen veröffentlicht, Produkte bewertet und Ähnliches. Als Beispiele seien folgende Verbraucherportale genannt:

Yelp

Bei Yelp (http://www.yelp.com) können User Bewertungen zu Firmen schreiben, mit denen sie persönlich Erfahrungen gemacht haben. Yelps goldene Zeiten scheinen vorbei, die User verfassen längst nicht mehr so fleißig Rezensionen wie noch vor einigen Jahren. Dennoch sollten insbesondere Gastronomiebetreiber die Seite im Blick behalten.

Jameda

Ärztemangel auf dem Land, überfüllte Praxen in der Stadt, Menschen, die viel häufiger ihren Lebensmittelpunkt wechseln als in den Generationen zuvor: Jameda (http://www.jameda.de) bringt als nach eigenen Angaben »Deutschlands größte Ärzteempfehlung« etwas Licht in den Dschungel aus Zahnärzten, Physiotherapeuten und Allgemeinmedizinern. ShopVote

ShopVote

(http://www.shopvote.de) ist ein deutsches Bewertungsportal für Onlineshops.

kununu

Obstkorb auf dem Tisch, aber regelmäßig eine 60-Stunden-Woche? Bei kununu (http://www.kununu.com) gibt es Lob und Tadel für Arbeitgeber. Bewertet werden neben den Arbeitsbedingungen auch Bewerbungs- und Einstellungsprozesse. Diese Plattform ist nicht nur für die Personalabteilung Pflicht.

Auf den genannten Plattformen haben unzufriedene Kunden die Möglichkeit, sich mit Menschen mit ähnlichen Anliegen auszutauschen und einander mit Rat und Tat zu helfen. Darüber hinaus existieren viele weitere branchenspezifische Bewertungsportale wie Holidaycheck.de, Werpflegtwie.de, Docbewertung.de oder DocInsider.de. Die einst sehr erfolgreichen Plattformen ciao.com und dooyou.de sind im Jahr 2018 eingestellt worden – einige Millionen Kundenbewertungen verschwanden aus dem Netz.

Allen Plattformen schadet die Diskussion um Fake-Bewertungen – bzw. die Tatsache, dass es zuhauf gefälschte Bewertungen gab und gibt und die Anbieter viel zu spät oder gar nicht darauf reagierten. Rechtliche Unsicherheit liefern zudem Gerichtsprozesse wie der einer Ärztin gegen Jameda, die der Plattform bescheinigte, die gebotene Neutralität vermissen zu lassen. Die Kölner Hautärztin hatte geklagt und vom BGH Recht bekommen, die negativen Rezensionen mussten gelöscht werden. Ein Sieg für die Ärztin, eine Niederlage für Jameda und gleichzeitig für alle Bewertungsportale. (Mehr dazu lesen Sie auch in Kapitel 12.)

Insgesamt gilt: Verbraucher haben eine eigene Stimme im Internet, und diese Stimme wird gehört – auch von den klassischen Medien, die diese dann wiederum aufgreifen. Es gibt eine Vielzahl von Monitoring-Werkzeugen, um diese Diskussionen zu beobachten. Mit ihnen werden wir uns in Kapitel 3 beschäftigen.

Daher ist es für Unternehmen sinnvoll, die sozialen Medien im Blick zu behalten und sich selbst dort zu engagieren. Sie erhalten unverfälschtes Feedback und können eigene Argumente im Dialog mit Kunden überprüfen.

Eine zentrale Rolle nimmt inzwischen Google ein. Wann immer Menschen einen Ort besuchen, bittet die Schon-lange-viel-mehr-als-nur-eine-Suchmaschine um deren Meinung und die netztypische Sternebewertung. Etliche Empfehlungen, Fragen und Kritiken schreiben viele Nutzer genau dort, wo sie sich ohnehin aufhalten: bei Facebook, Twitter, Instagram oder anderen sozialen Netzwerken. Oder sie bloggen darüber und teilen die Links zu ihren Artikeln im Social Web.

Das veränderte Kommunikationsverhalten im Social Web zu verstehen, ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung: Es ist wichtig, mit den Menschen zu sprechen anstatt zu ihnen. Eine wertschätzende Kommunikation mit Ihren Kunden kann bares Geld wert sein, wenn sie sich auf Kaufentscheidungen auswirkt. Das bedeutet aber, dass Unternehmen lernen müssen, diese Gespräche zuzulassen. Dazu zählen Zuhören und auch das Zulassen von Gegenmeinungen.

Identität zeigen

Social Media Marketing steht und fällt mit Ihrer Offenheit und Transparenz. Wenn Sie offen mit Ihren Zielen und Werten umgehen, keine falschen Versprechungen machen und Ihr Publikum souverän wissen lassen, was Sie in Ihrem Unternehmen richtig und vielleicht auch mal falsch machen, haben Sie in den sozialen Medien wenig zu befürchten. Die Basis authentischer und glaubwürdiger Social-Media-Aktivitäten legen Sie idealerweise schon viel früher, noch bevor Sie Facebook oder Twitter zum ersten Mal aufrufen – dann nämlich, wenn Sie Aussagen zur Identität Ihres Unternehmens formulieren, die Werte, die Sie vertreten, und die Kultur, die Sie leben wollen, definieren – konkret: in Worte fassen und verbindlich festlegen. Spätestens jetzt, wenn Sie an Ihrer Ist-Analyse arbeiten, sollten Sie sich mit Ihrer (gewünschten und tatsächlichen) Firmenkultur und Ihren Leitlinien auseinandersetzen.

Viele Unternehmen zogen dazu in den vergangenen Jahren den sogenannten Golden Circle nach Simon Sinek zurate. Der Unternehmensberater und Autor erklärte in einem viel zitierten TED-Talk2, dass alle herausragenden und inspirierenden Führungspersönlichkeiten und Organisationen der Welt – ganz gleich, ob Apple, Martin Luther King oder die Brüder Wright3 – nach dem gleichen Muster denken, handeln und kommunizieren. Dies stünde aber im kompletten Gegensatz zu dem Denken und Agieren aller anderen. Im Zentrum des von ihm entschlüsselten Musters – er nennt es den goldenen Kreis – steht die Frage nach dem »Warum« (WHY). Denn während die meisten Menschen, Unternehmen oder Organisationen in erster Linie betonen, was sie tun (oder noch offensiver: was sie verkaufen), und vielleicht noch ergänzen, wie sie das umsetzen, vergessen sie zu sagen, welche Gründe sie eigentlich antreiben. Mehr noch: Oft beschäftigen sie sich noch nicht einmal selbst damit und können die Frage nach dem Warum nicht beantworten – weder als Führungskraft noch als Mitarbeiter. Sinek regte nun an, das Warum in den Mittelpunkt zu stellen und davon ausgehend die eigene Firmenkultur aufzuspüren, zu entfalten und zu leben. Fragen Sie sich (und Ihre Angestellten oder Kollegen) also erst einmal: Warum tun wir das, was wir hier täglich tun? Welcher Gedanke treibt uns jeden einzelnen Morgen dabei an, was ist unsere intrinsische Motivation? Entdecken Sie Ihre Unternehmensidentität, bringen Sie sie auf den Punkt und schreiben Sie sie auf – für alle Mitarbeiter, sogar für die künftigen. Das hilft Ihnen auch bei der Formulierung Ihrer Social Media Guidelines sowie bei der Auswahl Ihrer Inhalte und Ihrer Kundenansprache.

Wenn Sie im Social Web anderen Unternehmen und Ihrer Zielgruppe zuhören, werden Sie unweigerlich wahrnehmen, was sie ausstrahlen. Sie können den Äußerungen Freude und Begeisterung entnehmen, aber auch Spannungen und Unstimmigkeiten lassen sich nicht verbergen. Bevor Sie sich im Social Web engagieren, sollten Sie also Ihre Unternehmenskultur prüfen. Sie und alle, die sich für das Unternehmen in den sozialen Medien äußern, müssen wissen, in welchem Ton und mit welchen Verantwortlichkeiten Sie sprechen können. Auch hier können Sie niemanden (langfristig) täuschen, gerade weil im Social Web unmittelbar und in Echtzeit kommuniziert wird. Am besten vergleichbar ist das mit der Begegnung am Messestand oder im Ladengeschäft. Kunden nehmen wahr, wenn der Haussegen schief hängt, und gehen beim nächsten Mal lieber zur Konkurrenz.

Bleiben Sie also ehrlich, widerstehen Sie der Versuchung, sich und anderen etwas vorzumachen. Diese Transparenz und Ehrlichkeit sollte sich zwingend durch Ihre Social-Media-Strategie ziehen: Wenn Sie mit gefälschten Identitäten arbeiten, Fehler oder Missstände verheimlichen wollen, mangelhafte Produkte anbieten oder in anderer Weise unehrlich sind, laufen Sie Gefahr, dass Ihnen irgendwann – und das Tempo, in dem der Zeitpunkt »irgendwann« erreicht ist, erhöht sich im Social Web nahezu täglich – jemand auf die Schliche kommt. Sie werden dann viel Mühe haben, den Scherbenhaufen zusammenzukehren.

Tipp

Fragen Sie Freunde, Bekannte, Geschäftspartner und Kollegen, wie sie Ihr Unternehmen wahrnehmen. Gibt es ein klares Bild Ihrer Markenpersönlichkeit? Wie klingt Ihr Unternehmen, welche Themen schreibt man Ihnen zu, und wo würde man Sie erwarten? Social Media bieten eine Chance, sich viele Fragen zur Markenidentität noch mal (oder erstmals) zu stellen. Denn je stimmiger Ihr Auftritt ist, desto besser können sich Ihre Kunden, aber auch Ihre Mitarbeiter damit identifizieren.

Aus Krisensituationen lernen: Mammut im Shitstorm

Im Sommer 2011 verfasste der Schweizer Umweltaktivist Andreas Freimüller einen Eintrag auf der Facebook-Seite des Outdoor-Ausrüsters Mammut. Freimüller kritisierte scharf, dass sich der Bergsteiger-Einkleider auf der co2.ch-Liste gegen das CO2-Gesetz stellte, wonach in der Schweiz bis 2020 die CO2-Emissionen um 20 Prozent gesenkt werden sollen. Ausgerechnet, steht Mammut doch für Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und faire Produktion.

image

Abbildung 2-3 Der Tweet des Anstoßes

Freimüller nutzte sein Netzwerk zur schnelleren Verbreitung seiner Kritik, rasch fanden sich bei Facebook und Twitter Kommentare und Fragen von Mammut-Fans. Nach ein paar Stunden veröffentliche Mammut schließlich eine förmliche Erklärung im PR-Jargon, die immer wieder als Antwort auf Kommentare und Fragen einkopiert wurde. Die Fans fühlten sich nicht ernst genommen, äußerten Enttäuschung und Zorn, und die Diskussion schaukelte sich hoch. Das Hashtag #mammut war bei Twitter in den Trending Topics, wodurch sich die Aufmerksamkeit im Web noch steigerte. Die Wende folgte am nächsten Tag: 24 Stunden nach Freimüllers Ursprungspost verkündete Mammut, sich von besagter Liste streichen lassen zu wollen: »Die massive Kritik der vergangenen Stunden auf der Facebook Page hat uns veranlasst, den Eintrag auf der Webseite co2.ch per sofort zu entfernen.« Für diese Entscheidung erhielt Mammut viel Beifall, und die Welle der Entrüstung legte sich.

Gerade für den Dialog im Social Web hat Mammut viel gelernt, wie Social Media Manager Dominik Ryser in einem Interview im Blog von Bernet PR bestätigt.4 Kunden erwarten, in den sozialen Medien ernst genommen zu werden und mit Unternehmen auf Augenhöhe zu kommunizieren – auch und gerade in kritischen Situationen.

Und Freimüller, der Initiator? Nutzt seine Erfahrungen mit Mammut, um mit seiner Firma Kampagnenforum im Social Web gezielt einzelne Unternehmen und Organisationen zum Umdenken zu bewegen. Diese konzertierten Aktionen grenzt Freimüller, von der Neuen Zürcher Zeitung mit »Meister des Shitstorms« bezeichnet, wiederum von eher zufällig und ungeplant eintretenden Shitstorms ab.

Man spricht in diesem Zusammenhang von einem Shitstorm, einer Welle der Entrüstung, die sich in den sozialen Medien entlädt. Selbst wenn Sie Ihre Reputation im Web nicht dauerhaft schädigen, kostet es Sie viel Zeit und Mühe, Ihren guten Ruf wiederherzustellen. Diese Zeit könnten Sie besser für konstruktive Gespräche mit Ihren Kunden nutzen, in denen sie deren Bedürfnisse erfragen und ernst nehmen und in der Folge schließlich auch Ihr Produkt verbessern. (Konkrete Tipps für den Krisenfall erhalten Sie in Kapitel 4.)

Für viele Unternehmen mag die Vorstellung, dass jeder jederzeit mitbekommen kann, was man tut oder nicht tut, ein furchteinflößender Gedanke sein. Vielleicht haben Sie Bedenken, dass die Konkurrenz mithört oder dass Sie mit dem Zugeben von Fehlern dumm dastehen. Offenheit hat jedoch Vorteile. Ihre Konkurrenz mag Ihnen zuhören, aber Sie haben ebenso die Möglichkeit, Ihre Mitbewerber zu beobachten. Wenn Sie eine geschäftliche Entscheidung treffen, kann es für Ihre Kunden sehr wichtig sein, von Ihnen etwas über die Vor- und Nachteile dieser Entscheidung zu erfahren – und zwar in ehrlichen Worten und nicht in Form einer unpersönlichen Pressemitteilung. Wenn Sie einen Fehler machen, dann stehen Sie dazu – und lassen Sie Ihre Kunden wissen, dass sie bei Ihnen an erster Stelle stehen. Das macht Sie menschlicher und kann den Aufbau von Beziehungen zu Ihren Kunden fördern.

Zuhören können ist wichtig

Sicher brennen Sie darauf, bald mit eigenen Inhalten loszulegen. Verbreiten Sie jedoch niemals nur Ihre Botschaft, sondern hören Sie auch zu, wenn über Ihr Kernthema und insbesondere Ihre Produkte und Ihre Marke geredet wird. Versuchen Sie, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, in welchem Ton und in welchem Zusammenhang diese Gespräche stattfinden. So erhalten Sie Hinweise dazu, wie Sie selbst am geschicktesten kommunizieren sollten. Denn allein zuzuhören, reicht natürlich nicht, da Sie dann nicht bemerkt werden. Nur durch Antworten und passende Beiträge können Sie eine Beziehung zu Ihrem Publikum aufbauen und es wissen lassen, dass Sie seine Meinung wertschätzen und ein hilfreicher Gesprächspartner sind.

Ganz gleich, ob Sie sich für oder gegen Social Media entscheiden, sprechen wird man auf jeden Fall über Sie. Es ist besser, sich auf einen gegenseitigen Dialog einzulassen, der Ihnen wichtige Erkenntnisse über Ihr Unternehmen und Ihre Kunden liefert. Sie erhalten Einblick in das Denken Ihrer Kunden und können dies als Grundlage für eine kundenzentrierte Entwicklung Ihrer Produkte und Dienstleistungen nutzen.

Der Preis des Schweigens: Dell

Bereits 2005 gelang es den sozialen Medien allmählich, Einfluss auf Kundenbeziehungen auszuüben. Als einmal der Laptop des einflussreichen Bloggers Jeff Jarvis Probleme machte, verlieh er in seinem Blog seiner Unzufriedenheit über den schlechten Kundendienst von Dell Ausdruck. Er verfasste mehrere Blogbeiträge zu dem Thema, doch Dell reagierte nicht auf seine Bitten um Hilfe, und Jarvis war frustriert. Schließlich schrieb er in seinem Blog einen offenen Brief an den CEO des Unternehmens.5 Binnen kurzer Zeit erreichte sein Blogbeitrag 10.000 Besucher, und es gingen mehr als 700 Kommentare dazu ein, viele von Nutzern, die ebenfalls das Gefühl hatten, vom PC-Hersteller schlechten Support bekommen zu haben. Als die Medien auf Jarvis’ harsche Kritik aufmerksam wurden, kontaktierte Dell ihn schließlich und erstattete ihm das Geld für seinen defekten Rechner.

Mit dieser Aktion zeigte das Unternehmen Dell dann doch noch, dass es dazu in der Lage war, auf Kundenkritik einzugehen. Nach dem Zwischenfall mit Jarvis startete Dell sein Direct2Dell-Blog, später die Plattform IdeaStorm.com, mit der es aktiv Rat und Feedback seiner Kunden einholt und diese zur Produktentwicklung nutzt. Ähnlich wie Dell setzen inzwischen sehr viele Unternehmen, insbesondere Start-ups, diese Formen nutzergetriebener Unternehmens- und Produktentwicklung ein. Das Schlagwort Co-Creation etwa steht für die frühzeitige intensive Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kunde.

Ihre Zielgruppe erforschen

Wir haben uns jetzt anhand einiger Szenarien angesehen, wie Sie mit sozialen Medien auf Ihre Marke aufmerksam machen können. Doch in der Realität muss eine Social-Media-Strategie individuell erarbeitet werden. Überlegen Sie sich gut, wen Sie erreichen möchten und wo Sie Ihre Zielgruppe finden. Je genauer Sie diese Fragen beantworten können, desto besser werden Sie die geeigneten Plattformen identifizieren können. Ihr Zielpublikum hat auch jenseits Ihres Angebots Wünsche und Bedürfnisse. Es liegt in Ihrem Interesse, diese sorgfältig zu untersuchen. Sie erfahren dadurch, wie Sie Ihre Social-Media-Strategie gestalten müssen, um wahrgenommen zu werden und eine befriedigende Wirkung zu erzielen. Ganz konkret sollten Ihnen die Eigenschaften Ihrer Zielgruppe(n) allerspätestens dann vorliegen, wenn Sie Werbeanzeigen schalten. Bei Facebook beispielsweise lassen sich bezahlte Kampagnen sehr genau adressieren – etwa nach Alter, Herkunft oder Beruf – und damit Streuverluste vermeiden.

Sie sollten

  • die demografischen Daten Ihrer Zielgruppe kennen,
  • ihre Vorlieben und Abneigungen kennen,
  • ihre Rituale, ihre Sprache und Codes kennen,
  • ihre Kernthemen identifizieren,
  • ihre Bedürfnisse erkennen,
  • sich für Ihre Zielgruppe interessieren und
  • sich selbst aktiv einbringen.

Von der Zielgruppe zu Personas

Wie gehen Sie vor? Zunächst identifizieren Sie Ihre Zielgruppen. Dazu nutzen Sie am besten die aus dem Marketing bekannte Segmentierung der Kundengruppen nach verschiedenen Kriterien zur Person selbst sowie ihrer Lebensweise.

image

Abbildung 2-4 Diese Matrix zur Marktsegmentierung hilft im ersten Schritt, sich der Zielgruppe (oder den Zielgruppen) anzunähern.

Auch wenn Sie für ein B2B-Unternehmen arbeiten, können Sie Merkmale Ihrer Zielgruppe sammeln. Recherchieren Sie zu Ihrem Geschäftskunden beispielsweise:

  • die organisatorischen Merkmale: Wie viele Niederlassungen und Mitarbeiter gibt es in dem Unternehmen? Wo liegt der Unternehmenssitz? In welchen Märkten ist es unterwegs? Wie groß ist der Marktanteil?
  • die ökonomischen Merkmale: Welchen Jahresumsatz hat das Unternehmen? Sind Bilanzen verfügbar, und, wenn ja, was sagen diese über die Finanzen des Unternehmens aus? Wie wird die Bonität des Unternehmens bewertet?
  • das Kaufverhalten des Unternehmens: Gibt es eine zentrale Einkaufsabteilung und feste Lieferantenverträge? Wann wird üblicherweise über Anschaffungen entschieden?
  • die Charakteristika der Entscheidungsträger im Unternehmen: Wie innovationsfreudig ist die Geschäftsleitung? Welche Informationen braucht derjenige, der Kaufentscheidungen fällt?

Achten Sie darauf, sich nicht nur in eine Zielgruppe zu vertiefen. In aller Regel kommunizieren Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Gruppen gleichzeitig. Neben den Kunden in all ihren Facetten können das auch potenzielle, aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Journalisten und Medienvertreter, Verbände, Gewerkschaften und gemeinnützige Organisationen, Investoren, Zulieferer, Branchenmitglieder oder schlichtweg die Nachbarn Ihres Firmengeländes sein.

Hinweis

Eine Segmentierung von Kundengruppen kann immer nur ein Instrument sein. Vergessen Sie aber niemals, dass Ihre Kunden echte Menschen sind, die in ihren Eigenschaften eine große Vielfalt widerspiegeln. Das Cluetrain-Manifest, das wir Ihnen in Kapitel 4 näher vorstellen, sagt dazu: »Die Märkte bestehen aus Menschen, nicht aus demografischen Segmenten.«

Verinnerlichen Sie auch, dass es mehrere Kundentypen gibt. Um deren Merkmale wiederum zu konkretisieren, erstellen viele Unternehmen sogenannte Personas. Stellen Sie sich dabei typische Kunden Ihres Unternehmens bildlich vor: Ist es ein Mann oder eine Frau? Wie alt ist er oder sie? Lebt Ihr Kunde auf dem Land? Welche Kleidung trägt er, welche Filme schaut er? Außerdem geht es um Eigenschaften: Ist Ihr Kunde aufgeschlossen und neugierig oder zurückhaltend und skeptisch? Ist er konservativ oder risikofreudig? Sparsam oder genussorientiert und großzügig? Als Hilfestellung können Sie das Modell der Sinus-Milieus6 und die Limbic Map7 nach Hans Georg Häusel heranziehen.

Tipp

Es gibt eine Reihe regelmäßig veröffentlichter Studien oder einzelner Umfragen, in denen Sie die (sich jeweils verändernden) Eigenschaften und Gewohnheiten diverser Kundengruppen erfahren. Die jährlich erscheinende ARD/ZDF-Onlinestudie, die wir auch in diesem Buch immer wieder heranziehen, gibt etwa Aufschluss darüber, wie häufig, wie lange, mit welchen Geräten und welcher Geschwindigkeit sich die Deutschen durch das Internet bewegen. Der Verband Bitkom e.V. erstellt beispielsweise Umfragen zum E-Commerce, andere Verbände veröffentlichen Befragungsergebnisse zum Konsum- oder Freizeitverhalten, zu Mobilitätsgewohnheiten oder zur Markenbindung. Richten Sie sich (auch dazu) am besten einen Google Alert ein, um stets auf dem Laufenden zu bleiben und Ihre Erkenntnisse nicht nur auf persönliche Erfahrungen, sondern auch auf repräsentative Erhebungen zu stützen.

Der Steckbrief einer prototypischen Kundin eines Friseursalons könnte dann so aussehen:

image

Abbildung 2-5 Beispiel einer Persona, erstellt von einem (fiktiven) Friseursalon in Saarbrücken (Foto: https://unsplash.com/photos/oW-PUy16V-g)

Die Persona-Methode ist nicht unumstritten, unter anderem weil viele Unternehmen sie wie Kaffeesatzleserei betreiben oder sich von Anfang an auf einen Kundentyp konzentrieren, den sie unter Umständen gern hätten, aber gar nicht (mehr) erreichen. Je realistischer die zusammengetragenen Informationen sind, desto besser können Sie Ihre Maßnahmen später auf Ihren Kunden abstimmen. Wenn Sie auf Content Marketing setzen, sind beispielsweise zielgruppengenaue Inhalte erfolgsentscheidend. Deshalb gehen wir in Kapitel 5 auch noch einmal darauf ein. Und wenn Sie Anzeigenschaltungen im Social Web planen, sind Sie zwingend auf aktuelle und zutreffende Charakteristika Ihrer Zielgruppe angewiesen, da sich diese bei Facebook oder auch XING beispielsweise über den Wohnort, das Alter, den Arbeitgeber oder die Ausbildung des Users steuern lassen.

Zugegeben: Die Erstellung von Personas erfordert Fleiß. Zapfen Sie dennoch alle zur Verfügung stehenden Quellen an. Belastbare Firmendaten über Ihre Geschäftskunden etwa finden Sie über die Handelsregister und Auskunfteien. Typische demografische Daten Ihrer Kunden kann womöglich Ihre Vertriebsabteilung liefern (natürlich anonymisiert, lassen Sie den Datenschutz nicht außer Acht) und Einschätzungen zu persönlichen Vorlieben und Werten die Kollegen, die Ihre Produkte entwickeln und deshalb eine hohe Kenntnis der Zielgruppe haben dürften. Oder die Kollegen am Point of Sale: Handelspartner etwa, wenn Sie Produkte für Endverbraucher herstellen. Holen Sie die Informationen bei den Personen ein, die im direkten Kontakt mit Ihren Kunden stehen. Und: Wenn Sie bereits einen festen Kundenstamm und Kontakte zu Multiplikatoren haben, fragen Sie diese doch ganz einfach direkt – zum Beispiel welche Websites sie ansurfen und welchen Communitys sie angehören. Dazu können Sie Einzelgespräche führen, Onlineumfragen erstellen oder etwas Geld in eine Marktforschung investieren, bei der Kundengruppen repräsentativ zu konkreten Aspekten befragt werden.

Schauen Sie sich die spezifischen (mutmaßlichen) Bedürfnisse Ihrer Kunden an: Können Sie einen Twitter-Kanal mit reiner Kundendienstfunktion am dringendsten brauchen? Oder können Sie sie mit einer Facebook-Seite begeistern? Fehlt ein Blog, das genau die Themen aufgreift, die zum Kerngeschäft Ihres Unternehmens gehören? Durchstöbern Sie Ihre Kundenzuschriften und weiteres Feedback, das Sie erhalten, und versuchen Sie, sich in Ihre Kunden hineinzuversetzen.

Wie verhalten sich Ihre Zielgruppen im Web?

Haben Sie mehr über Ihre Zielgruppen herausgefunden, lohnt es sich, die gewonnenen Informationen zu bündeln. Richten Sie dabei unter anderem den Fokus auf folgende Aspekte, die für Ihre Strategieplanung nützlich sein könnten:

  • Frequentierte Websites: Sind unter den Websites, die Ihre potenziellen Kunden besuchen, irgendwelche Social Sites? Genau diese sozialen Netzwerke sollten Sie ins Visier nehmen. Sie werden feststellen, dass es für buchstäblich jedes Interessengebiet Websites und Communitys gibt und sich sehr viele Menschen in Blogs, bei Twitter und in anderen sozialen Netzwerken über U-Bahnen, Grafikdesign, Automobile oder Vögel austauschen. Die Communitys, in denen Ihr Zielpublikum zusammenkommt, samt ihren Regeln zu verstehen, ist die halbe Miete. Hören und sehen Sie deshalb genau hin. Wenn Sie dort Social Media Marketing betreiben wollen, sollten Sie in Stil und Ton hineinpassen und kein Fremdkörper sein. Hervorragend gelang dies beispielsweise dem Pizzalieferdienst Domino's (siehe Abbildung 2-6), als sich im Januar 2019 Hunderte Studierende in den Lernräumen und Bibliotheken der RWTH Aachen auf den nahenden Prüfungszeitraum vorbereiteten. Im sozialen Netzwerk »Jodel«, einer Plattform, auf der vorrangig Studierende kommunizieren, fragte Domino’s an, in welches Unigebäude sie kostenfreie Pizzen bringen sollten. Umgehend hagelte es Kommentare – Skeptiker rufen »Paulaner«, ein bei Jodel gebräuchlicher Ausdruck für Fake oder Lüge (bestimmt kennen Sie noch den Werbespot aus den Neunzigern mit den »Geschichten aus dem Paulanergarten«). Und Optimisten nennen ihren Aufenthaltsort nebst Lieblingspizza. Domino's hält Wort, liefert einen ganzen Stapel frischer Pizzen aus und dokumentiert auch dies bei Jodel. Eine denkbar kostengünstige und sympathische Werbeaktion, die drei Dinge voraussetzt: a) Bei Domino’s weiß man von Jodel und dass sich eine wichtige Zielgruppe dort tummelt, b) Domino’s kennt Gewohnheiten und Sprache der Zielgruppe, und c) es gibt ganz offenbar eine Firmenkultur, die Aktionen dieser Art ermöglicht. Die Jodler »feiern Domino’s« daraufhin mit positiven Kommentaren und Upvotes, um in der Sprache des Netzwerks zu bleiben. In Kapitel 4 erfahren Sie mehr darüber, wie Sie sich an einer Community beteiligen und sich als angesehenes Mitglied etablieren.
image

Abbildung 2-6 Simpel und effektiv: Diese Social Media-Aktion trägt die Handschrift authentischer Begeisterung für das Social Web.

  • Themen und Emotionen: Worüber reden »Ihre« Communitys? Nutzen die Menschen Blogs, um sich über Ihre Firma und die Konkurrenz auszutauschen? Oder verwenden sie Foren oder soziale Netzwerke, um über die verhasstesten oder wunderbarsten Aspekte Ihres Geschäfts herzuziehen bzw. zu jubilieren? Versuchen Sie, die Stimmung zu erfassen und Themen zu scannen. Dieses Zuhören hilft Ihnen bei der Planung Ihres eigenen Contents. Sie sollten ein Verständnis für die emotionale Dynamik entwickeln: Ehe Sie ins Wasser springen, müssen Sie schwimmen lernen. Irgendwann sind Sie dann bereit, zu antworten. Recherchetools und -techniken, mit deren Hilfe Sie Gespräche im Web aufspüren können, behandeln wir in Kapitel 3.
  • Werkzeuge: Welche Tools und Dienste werden von meinem Zielpublikum regelmäßig verwendet? Vielleicht können Sie selbst nützliche Tools entwickeln (lassen) oder hilfreiche Informationen über sie veröffentlichen und sich so bei Ihrem Zielpublikum ins Gespräch bringen. Angenommen, Ihr Zielpublikum bestünde aus Grafikern, die gern Anwendungen nutzen, die direkt im Browser eingebettet sind. Dann könnten Sie eine Liste mit den besten Tools zusammenstellen. Mit solchen kleinen Aufmerksamkeiten können Sie jede Menge Pluspunkte für Ihre Reputation ernten!
  • Inhalte: Welchen Content schätzt mein Zielpublikum am meisten? Ein Anwalt ist vielleicht daran gewöhnt, detaillierte, längere Berichte zu lesen. Die meisten anderen Nutzer bevorzugen dagegen reich bebilderte Inhalte mit witzigen Überschriften und kurzen Erklärungen. (Was nicht zwingend heißt, dass Sie mit Ihren Botschaften an der Oberfläche bleiben sollten.) Wenn Sie beobachten, welcher Content im Social Web wohlwollend aufgenommen wird, bekommen Sie ein Gefühl dafür, wie Sie Ihre Inhalte gestalten müssen. Haben Sie bereits Kontakte in der Community geknüpft, können Sie natürlich auch einfach fragen, was sich die Leute wünschen oder was sie mögen.

Vergessen Sie jedoch nicht: Besteht Ihre Strategie darin, die Community nur zu infiltrieren, um Ihre Werbebotschaft loszuwerden, dann werden Sie wenig Zuspruch finden und Ihrer Marke mehr schaden als nützen. Möglicherweise säen Sie statt Vertrauen und Wertschätzung Argwohn und Missachtung. Deshalb sind die sozialen Medien nicht der geeignete Ort für Marketing und PR im klassischen Sinne. Die Community wird Ihre Kenntnisse und Fragen anders beurteilen, wenn Sie als höflicher, fachkundiger und hilfsbereiter Mensch auftreten.

image

Abbildung 2-7 Negativbeispiel: Auf eine Kundenbeschwerde reagierte DHL ungehalten, die daraufhin entstandene teilweise unsachliche Diskussion schaffte es umgehend in die klassischen Medien. (Wir gehen in Kapitel 7 noch einmal genauer auf dieses Beispiel ein.)

Erst wenn Sie diese Fragen wirklich geklärt haben, können Sie ein Gefühl für die richtigen Ideen für Ihre Zielgruppe entwickeln, ganz gleich, ob Sie ein Blog starten, eine Videoreihe produzieren, einen Podcast anbieten, einen fundierten Artikel schreiben oder eine Kombination aus mehreren Medien gestalten. Denken Sie daran, dass nicht alle Social-Media-Strategien die Erstellung aufwendiger Inhalte erfordern, dass manchmal aber fesselnder Content genau das ist, was das Publikum sucht.

Ziele für Ihr Engagement im Social Web setzen

Die eigenen Erwartungen zu klären, schützt Sie nicht nur vor Enttäuschungen, sondern hilft Ihnen auch dabei, Ihre Aktivitäten im Social Web professionell zu planen. Deshalb ist die klare Definition von Zielen für den Erfolg Ihrer Strategie wesentlich.

Manches Engagement entsteht aus dem Bedürfnis, negative Bewertungen aus den Suchmaschinen zu verdrängen. Zwei verschiedene Ziele ließen sich dafür definieren: Reputationsmanagement und neue Verlinkungen, mit denen Sie erfreulichere Suchmaschinenergebnisse erzielen können. Vielleicht stellen Sie bei Ihrem Monitoring fest, dass wenig oder nicht über Ihre Marke gesprochen wird. In diesem Fall wäre Ihr Ziel, Ihre Marke bekannter zu machen und Gespräche darüber in Ihrer Zielgruppe anzustoßen. Und da es nicht allein ausreicht, dass über Ihre Marke gesprochen wird, definieren Sie als weiteres Ziel, dass diese Gespräche ein möglichst positives Bild Ihrer Marke vermitteln.

Neben Reputationsmanagement und einer Verbesserung der Suchmaschinenergebnisse gibt es vielfältige Ziele, die Sie sich setzen können:

  • Aufbau eines Netzes von einflussreichen Personen, sogenannten Influencern,
  • Aufbau von Blogger Relations, also Beziehungen zu Menschen, die Blogs zu Ihren Themen pflegen oder in sozialen Medien als Experten für Ihr Thema anerkannt sind,
  • Kommunikation und Pflege Ihrer Marke,
  • Verbesserung der internen Kommunikation, etwa durch firmeninterne Wikis und Netzwerke oder ein Mitarbeiterblog,
  • Positionierung als Arbeitgeber,
  • Veränderung oder Verbesserung der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit,
  • Inspiration für neue Produkte oder Dienstleistungen,
  • Verstärkung oder Ergänzung Ihrer klassischen Pressearbeit,
  • Vorantreiben von Themen und Agenda Setting sowie
  • Stärken der Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation.

Das sind Beispiele für Ziele, die Sie im Rahmen einer Social-Media-Strategie konkret für Ihr Unternehmen ausformulieren sollten.

Einige Ziele stellen wir Ihnen im Folgenden genauer vor, und wir schauen uns an, welche Szenarien zu diesen Zielen passen könnten. Danach werden wir in die Feinheiten der Zielsetzung einsteigen.

Mehr Traffic auf Ihrer Website

Je mehr Besucher Sie auf Ihrer Website begrüßen können, desto mehr potenzielle Kunden lernen Ihre Leistungen kennen – das leuchtet ein. Sie werden häufiger wahrgenommen, im Nachgang möglicherweise häufiger gegoogelt (was wiederum Ihr Ranking verbessert), und wenn Sie Werbemöglichkeiten auf Ihrer Website anbieten, können Sie durch höhere Besucherzahlen Ihre Anzeigenpreise steigern.

Besuche allein sind jedoch nicht alles, in der Regel knüpfen Sie daran Erwartungen. Diese Conversions, beispielsweise gesteigerte Anmeldezahlen für Ihren Newsletter, die Nutzung Ihres Kontaktformulars oder Ihrer Kontaktadressen und natürlich auch den Kauf von Produkten in Ihrem Shop, können Sie ganz konkret messen.

Eine Erhöhung des Traffics kann auch dabei helfen, andere Ziele des Social Media Marketing zu erreichen, zum Beispiel die Markenbekanntheit zu steigern, das Reputationsmanagement zu unterstützen und das Suchmaschinenranking zu verbessern.

Der Haken an der Sache

Es kommt aber darauf an, welchen Traffic Sie erzeugen. Wenn Besucher auf Ihrer Website nicht den erwarteten Inhalt finden oder Ihre Website so gar nicht zu Ihren Social-Media-Präsenzen passt, ist auch die Absprungrate sehr hoch. Besucher verlassen entweder Ihre Website sofort wieder oder interessieren sich nur für Inhalte, die in Social Media verbreitet wurden. Es mag also beispielsweise für einen IT-Dienstleister unterhaltsam sein, die allseits beliebten Katzenvideos auf seiner Website einzubinden und über Facebook zu streuen. Seine Leistungen und Kenntnisse rückt er damit aber nicht ins Scheinwerferlicht, und die allermeisten der Besucher werden unmittelbar nach Ansehen der Videos wieder verschwinden. Noch unrentabler wird es, wenn Sie einen externen Autor für Blogbeiträge oder einen Videojournalisten für YouTube-Filme bezahlen, die vielleicht sehr witzig oder auch reißerisch sind und damit viele Klicks erzeugen – aber in keinem Zusammenhang mit Ihrem Unternehmen stehen oder gar einen Nutzen für Ihre Kunden liefern. Und geradezu schädlich wird es, wenn die Authentizität und das Image Ihrer Marke durch Schnellschüsse leiden, beispielsweise weil die Tonalität oder der Inhalt der Seriosität Ihrer Marke widerspricht.

Sie werden nie aus allen Fans und Followern Ihrer Social-Media-Präsenzen auch treue Besucher Ihrer Website machen. Viele Nutzer informieren sich dort über Marken, Unternehmen und Produkte, wo sie sich ohnehin aufhalten, und das sind eben auch die sozialen Netzwerke. Dennoch bleibt die Website Ihre Basisstation im Internet, auf der Sie die Informationen zu Ihren Produkten, Ihrer Marke und Ihrem Unternehmen zugänglich machen. Dort sollten Sie auch, etwa in einem Blog, Ihre wesentlichen Inhalte veröffentlichen, auf die Sie über die sozialen Medien hinweisen. Vergessen Sie nicht: Ihre Strategie in Social Media muss zwingend in Ihre Gesamtstrategie integriert sein. Die Menschen mögen an Social Media das Ungewöhnliche, doch wenn der Content selbst gar nichts mit Ihrer Website zu tun hat, wird das Ihre Besucher irritieren, und Sie werden nicht ihr Vertrauen gewinnen.

Bandbreite erhöhen

Bereiten Sie sich auf den Erfolg vor. Wenn Sie Kampagnen planen, bei denen ein sprunghafter Anstieg der Website-Aufrufe zu erwarten ist, sprechen Sie vorab mit Ihrem Webhosting-Provider. Bandbreite und Serververfügbarkeit sind inzwischen technisch relativ gut in den Griff zu bekommen, Ihr Dienstleister oder Ihre IT-Abteilung sollte jedoch auch die Chance haben, geeignete Sicherheitsvorkehrungen zu treffen oder zusätzliche Rechenleistung zu integrieren. Jegliche Bemühungen, die Sie in Ihre Social-Media-Promotion stecken, bleiben fruchtlos, wenn Ihre Website den Traffic einfach nicht bewältigen kann.

Verbessertes Suchmaschinenranking

Eine erfolgreiche Social-Media-Marketing-Kampagne kann Hunderte von Verlinkungen erzeugen, weil die Besucher Ihre Website an ihre Freunde und Familienmitglieder oder, wenn sie im Web einflussreich (also sogenannte Influencer) sind, an ein größeres Publikum weiterempfehlen. Mit Social Media Marketing können Sie Ihre Auffindbarkeit im Internet verbessern. Und je mehr Links auf Ihre Seiten verweisen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie im Ranking der Suchmaschinen aufsteigen. Hinzu kommt, dass Suchmaschinenanbieter, allen voran Google, die Relevanz von Inhalten aus sozialen Netzwerken hoch einstufen. Bei Google angemeldete User erhalten personalisierte Ergebnisse, die sich nach Empfehlungen Ihrer Kontakte oder Ihrem Standort richten.

Um ein besseres Suchmaschinenranking zu erreichen, sollten Sie zunächst sicherstellen, dass Ihre Inhalte eine eindeutige URL haben und problemlos mit einem klaren Titel, einem Erklärungstext und einem Bild in sozialen Netzwerken geteilt werden können. Erstellen Sie Inhalte, die für Ihr Publikum nützlich, wertschöpfend und/oder unterhaltsam sind. Prüfen Sie, ob es bereits weiterführende oder ergänzende Inhalte im Internet gibt, und verlinken Sie diese. Probieren Sie unterschiedliche Formate aus, um Ihren Inhalt bestmöglich zu präsentieren. Experimentieren Sie mit Multimedia-Formaten und vergessen Sie dabei nicht die Metainformationen (Schlagwörter und Beschreibungen), die für die Suchmaschinenindexierung wesentlich sind.

Vernetzen Sie sich im Vorfeld rechtzeitig mit Influencern, die über Ihr Thema bloggen oder in sozialen Netzwerken beliebt und geachtet sind. Erklären Sie ihnen, was Sie vorhaben, und bitten Sie sie darum, Ihre Inhalte zu teilen. Vergessen Sie nicht, auch Ihrerseits interessante Links zu teilen, denn Sie wissen ja: Im Social Web geht es um Geben und Nehmen.

Markenbekanntheit steigern

Erfolgreiches Social Media Marketing kann sich massiv auf die Bekanntheit einer Marke auswirken. Sie können sich vornehmen, neue Zielgruppen zu erreichen oder das Vertrauen, das Ihre Kunden schon jetzt in Sie setzen, zu stärken. Dabei geht es um mehr als nur Präsenz. Marken, die auf Menschen zugehen, die positiv und selbstkritisch über die eigenen Produkte und Dienstleistungen sprechen, und ihnen zeigen, dass sie tatsächlich gehört werden, haben erkannt: Sie können diese Menschen zu Fürsprechern der Marke machen, zu Multiplikatoren, die für diese Marke eintreten. Dabei müssen Sie nicht unbedingt so weit gehen, einen sogenannten Influencer für seine Berichterstattung oder auch nur Nennung Ihres Unternehmens zu bezahlen. Es gilt zunächst, alle Menschen, die im Social Web aktiv sind und in Zusammenhang mit Ihrem Unternehmen stehen, als Botschafter ins Auge zu fassen und ernst zu nehmen. Neben Kunden können dies auch Ihre Geschäftspartner oder Nachbarn sein.

image

Abbildung 2-8 Enorme Kritik erntete diese Influencerin: Ein Foto am Flughafen mit der Zeile »HEY, LET’S SAVE OUR PLANET« nebst Hashtag #nurkurznachhamburg hinterlässt nicht nur bei Umweltschützern Fragezeichen im Gesicht. Das Foto ging durch sämtliche auch klassische Medien wie etwa den Stern/Neon.de. Wenn sich Influencer unbedacht verhalten, kann das auch den Unternehmen schaden, die mit ihnen zusammenarbeiten.

Markenbotschafter sind unglaublich wertvoll, denn sie unterstützen Kaufentscheidungen und können bei Kritik oder Shitstorms vermitteln. Sie genießen das Vertrauen der Konsumenten und stehen gleichzeitig dem Unternehmen als Gesprächspartner zur Verfügung. Ihnen zu Einfluss zu verhelfen, kann für Ihr Unternehmen deshalb wichtig sein. Markenbotschafter können auch Mitarbeiter sein, die Sie beispielsweise bei der Suche nach Personal unterstützen, weil sie authentisch und glaubwürdig ihre Erfahrungen teilen.

Markenbotschafter und Influencer

Markenbotschafter nehmen Ihr Produkt ernst, sie benutzen es viel, und es gefällt ihnen gut. Sie möchten, dass Ihre Marke Erfolg hat. Und deshalb kann man sie auch in der Wildnis des Social Web ausfindig machen: Wenn Markenevangelisten predigen, merken Sie das. Da sie Teil Ihres Zielpublikums sind, kennen sie es häufig sogar besser als Sie selbst. Es wäre verrückt, solche Nutzer zu ignorieren.

Um solche Markenbotschafter zu finden, müssen Sie zuerst feststellen, wer sie sind. Vielleicht bloggen sie über Ihr Produkt oder verschaffen sich in der Diskussion besonderes Gehör und zeigen Begeisterung für Ihr Produkt, indem sie auf YouTube Videos hochladen, in denen sie es benutzen. Sprechen Sie sie freundlich und auf Augenhöhe an. Wenn Sie sie ausfindig gemacht haben, finden Sie heraus, was sie an Ihrer Marke so gut finden und was ihnen in Ihrer Produktentwicklung noch fehlt. Nehmen Sie ihr Feedback ernst, um bessere Produkte bzw. Dienstleistungen zu entwickeln. Binden Sie sie an Ihre Marke, indem Sie ihnen den Zugriff auf exklusive Informationen, Erlebnisse oder Produkte einräumen. Zeigen Sie ihnen Ihre Wertschätzung und beziehen Sie sie in Entscheidungen ein. Fördern Sie den Austausch unter Ihren Markenevangelisten. Damit schaffen Sie sich eine wertvolle Community. Ein Influencer ist jemand, dessen Wissen, Sachkenntnis oder auch Lifestyle ihn unter seinesgleichen als Experten ausweist. Das kann die Umweltaktivistin sein, die via Instagram von Demonstrationen berichtet, Einkaufstipps gibt und zu Müllsammelaktionen am Meer einlädt. Oder der Barista, der täglich seine Kaffeekreationen postet, neue Kaffeesorten und Espressomaschinen testet sowie Tipps zum besten Mahlen und Brühen von Kaffeebohnen gibt. Oder auch die modebegeisterte Mittzwanzigerin, die von ihren Shoppingreisen in alle Welt berichtet, eigene Modeskizzen anfertigt und ihre Follower über die besten Stoffläden informiert. Influencer verfügen über eine sehr hohe Glaubwürdigkeit – das ist das Pfund, mit dem sie wuchern. In den vergangenen Jahren haben sie genau dies allerdings immer häufiger aufs Spiel gesetzt: Viele von ihnen sprechen allzu häufig und offensiv Kaufempfehlungen aus, wählen ihre Werbepartner anscheinend ohne Bedacht und verlieren so ihre Identität und die Nähe zu ihren Followern.

Influencer finden Sie ganz leicht, sobald sie in den sozialen Netzwerken nach Ihrer Branche und Ihren Produkten recherchieren. Bevor Sie einen Influencer kontaktieren, sollten Sie nicht nur dessen Reichweite, sondern auch Inhalte und Stil prüfen. Nur wenn er oder sie zu Ihrem Haus passt, kann eine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen.

Wir gehen in Kapitel 4 gesondert auf Influencer-Marketing ein.

Reputationsmanagement

Der Einfluss von sozialen Medien auf die Reputation zeigt sich in den Suchmaschinenergebnissen. Geben Sie den Namen einer Marke oder eines Unternehmens bei Google ein, liefert Ihnen die Suchmaschine häufig gleich erste Kundenbewertungen mit. Dazu nutzt Google die Erfahrungen eigener User und spielt zusätzlich die Ergebnisse großer Bewertungsportale ein.

Außerdem erhalten Sie vermutlich viele Ergebnisse bei Twitter, Facebook oder YouTube, in Blogs oder von anderen Social-Media-Plattformen. Diese Websites genießen bei den Suchmaschinen großes Vertrauen, was die Relevanz ihrer Inhalte betrifft. Soziale Medien können der Pflege Ihrer Reputation daher in vielerlei Hinsicht helfen (mehr dazu in Kapitel 4).

image

Abbildung 2-9 Wer nach Berlins ältestem Restaurant googelt, erhält neben Adresse und Speisekarte auch Kundenrezensionen und Pressestimmen sowie Profile in sozialen Netzwerken.

Indem Sie Präsenzen für Ihr Unternehmen oder Ihre Marke auf Social-Media-Plattformen einrichten, diese regelmäßig mit interessanten Inhalten pflegen und sich mit anderen vernetzen, verschaffen Sie sich nicht nur in den sozialen Medien eine höhere Reichweite, sondern verbessern auch Ihre Auffindbarkeit in den Suchmaschinen. Wenn Sie Inhalte schaffen und im Social Web verbreiten, die gern gelesen, als bereichernd wahrgenommen, kommentiert und verlinkt werden, beeinflussen Sie zugleich, was Suchende im Internet über Ihre Marke finden. Das hilft Ihnen auch im Fall von negativen Resultaten, die Sie nach und nach durch gute Inhalte nach unten auf hintere Ergebnisseiten in den Suchmaschinen verdrängen können.

Suchmaschinenrankings sind allerdings nur ein Teil der Gleichung. Durch geschicktes Reputationsmanagement können Firmen PR-Katastrophen abwenden, indem sie negative Erfahrungen in positive verwandeln. Hierzu gehört neben einem souveränen Umgang mit den Funktionen der Social-Media-Plattformen auch eine Vorbereitung auf die Kommunikation in Krisenfällen (mehr dazu lesen Sie in Kapitel 4). Mit Social Media Monitoring und Conversation Tracking gelingt es, negative Vorfälle der Vergangenheit in positive Erfahrungen für Firmen und ihre Marken umzumünzen.

Oder aber Sie fragen Ihre Kunden bereits um ihre Meinung, bevor das Produkt erhältlich ist – und nutzen Umfragen oder Panels zur Marktforschung. Als Ergebnis gelingt es Ihnen nicht nur, wirklich nützliche Produkte zu entwickeln, sondern eben auch, mehr über Ihre Kunden zu erfahren, von ihnen für die Gespräche auf Augenhöhe geschätzt zu werden und sie enger an sich zu binden.

Social Recruitment: Neue Mitarbeiter finden

Volle Auftragsbücher, aber kein Personal: Viele Unternehmen sind händeringend auf der Suche nach Mitarbeitern. Dabei setzen sie verstärkt auf die Personalsuche im Social Web und schreiben offene Stellen in sozialen Netzwerken wie XING, LinkedIn oder auf Facebook aus. Viele Konzerne quer durch alle Branchen und sogar Behörden unterhalten eigene Recruiting-Seiten im Social Web, als Beispiel seien hier nur Daimler (https://twitter.com/Daimler_career), der Versandhandel OTTO (https://www.facebook.com/OTTOJobs) oder die Stadt München (https://www.instagram.com/stadtmuenchen_karriere/) genannt. Darüber hinaus gibt es reine Karrierenetzwerke wie Experteer (http://eu.experteer.com/) oder die an XING angedockte Plattform kununu, über die Jobsuchende und Unternehmen zusammenfinden können.

Andere Unternehmen wie zum Beispiel die Krones AG, Hersteller von Verpackungs- und Abfülltechnik, setzen auf Ihre eigenen Mitarbeiter, um für neue Mitarbeiter interessant zu werden. Im Videokanal der Krones AG bei YouTube (http://www.youtube.com/user/kronestv) finden sich viele Mitarbeiterporträts und Filme, mit denen sich das Unternehmen unter anderem auch als Arbeitgeber interessant macht.

Wenn also Ihr Ziel ist, regelmäßig neue Mitarbeiter oder Auszubildende für Ihr Unternehmen zu finden, eignet sich das Social Web allein schon wegen seiner Reichweite ganz hervorragend. Durch eine aktive Vernetzung Ihrer Personaler lassen sich außerdem Kontakte zu Experten und interessanten möglichen Mitarbeitern aufbauen und diese direkt ansprechen, wenn eine Position im Unternehmen frei wird. Manche Arbeitssuchende sprechen auch initiativ Personaler an oder signalisieren mit einer Bewerbung zum Beispiel über ein Blog oder ein Video ihre Gesprächsbereitschaft über einen Stellenwechsel.

Wenn Sie gleichzeitig dafür sorgen, dass sich die verschiedenen Mitarbeitergruppen – Azubis, Forschungsabteilung, Vertrieb – auf Ihren Social-Media-Plattformen wiederfinden, wird das auch Ihre bestehende Belegschaft positiv an Sie binden. Einige Unternehmen stellen beispielsweise immer wieder ihre Mitarbeiter im Corporate Blog vor, geben ihrem Haus damit ein Gesicht und unterstreichen öffentlich, dass ihnen ihre Mitarbeiter am Herzen liegen.

Mehr Umsatz für Ihre Produkte

Mit einigen Social-Media-Marketing-Aktionen können Sie den Umsatz von Produkten steigern, zum Beispiel durch die Zusammenarbeit mit einem Influencer, der Ihre Produktneuheit in seinem Kanal vorstellt, durch nutzergenerierte Bewertungen, durch Produktvideos, durch die Anbindung des Kanals an Ihren Onlineshop und durch bezahlte Postings und Werbeanzeigen bei Instagram oder Facebook. Natürlich schieben Kampagnen im Social Web auch alle anderen Marketingmaßnahmen Ihres Unternehmens an, wie kurzfristige Sales-Aktionen oder den Auftritt auf einer Messe.

Verinnerlichen Sie aber: Es gibt weitaus rentablere Maßnahmen zur Umsatzsteigerung, die zeitnah sicherlich auch mehr Erfolg versprechen als das auf Langfristigkeit angelegte Social Media Marketing. Versprechen Sie sich selbst und versprechen Sie vor allem auch Ihrer Geschäftsführung keine unrealistischen Umsatzsteigerungen. Im Social Web geht es in erster Linie um Kommunikation, nicht um Werben und Verkaufen. Wenn Sie Ihr Publikum aber dazu bringen, sich mit Ihren Inhalten und Botschaften zu beschäftigen, Bewertungen für Ihre Produkte abzugeben und über diese zu sprechen, stärkt das Ihre Markenbekanntheit, was sich letztlich auf den Umsatz auswirken wird.

Etablieren Sie sich als Experte

Die Beteiligung in sozialen Medien kann Ihnen dabei helfen, die eigene Kompetenz unter Beweis zu stellen und sich als anerkannten Experten ihres Fachs oder gar als Meinungsführer zu etablieren. Besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten oder Leistungen dürfte es keine Schwierigkeiten geben, genügend Stoff zu finden und gleichzeitig auf dankbare Kunden zu treffen. Auch Journalisten freuen sich stets über kompetente Gesprächspartner, die als Zitatgeber die Debatte bereichern.

image

Abbildung 2-10 Der Spezialversicherer Euler Hermes erklärt auf YouTube einen typischen Versicherungsfall, vor der Kamera steht – ganz authentisch – der Leiter der Schadensabteilung. Ein Nischenthema, bei dem es sicher nicht um Reichweite geht. Vielmehr gelingt es, sich von der Konkurrenz abzuheben und Vertrauen herzustellen. (Zudem ein gutes Beispiel für Social Media Marketing im B2B-Geschäft.)

Um sich als Experte zu positionieren, sollten Sie in erster Linie bereit sein, Ihr Wissen freigiebig zu teilen: Stellen Sie zum Beispiel Präsentationen oder Anleitungen bereit, laden Sie Tutorials bei YouTube hoch oder engagieren Sie sich auf Frage-und-Antwort-Portalen wie beispielsweise Stackoverflow, einer Website für Programmierer. Sie können auch Webinare anbieten oder Videos mit Ihren Vorträgen hochladen. Erläutern Sie in Ihren Social-Media-Profilen, welche Themen Sie interessieren und worin Sie sich gut auskennen. Scheuen Sie sich nicht, auch Position zu beziehen. Das verleiht Ihnen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern grenzt Sie auch von Konkurrenten ab.

Wer es schafft, sich selbst als Influencer zu etablieren, kann Freundschaften und Geschäftsbeziehungen zu Kunden oder Kollegen aufbauen, die PR-Strategie seines Unternehmens unterstützen, das Image schärfen oder verbessern und letztlich auch die Meinung seiner Kunden beeinflussen.

Szenarien für Social Media Marketing

Soziale Medien können also vieles bewirken – umso entscheidender ist es, dass Sie sich von Anfang an klar darüber werden, welche Ziele Sie sich vornehmen. Diese Vorgehensweise kennen Sie aus allen Bereichen des Marketings, und Sie wissen auch, dass die Ziele fortlaufend hinterfragt, überprüft und natürlich auch angepasst werden dürfen. Schauen wir uns also einige typische Szenarien an.

Szenario: Sie haben ein Produkt und möchten es bekannt machen

Eine beliebte Methode, um Produkte bekannter zu machen, ist die Zusammenarbeit mit Bloggern (Blogger Relations). Dafür sprechen unter anderem die hohe Glaubwürdigkeit populärer Blogs und die meist eingeschworene Lesergemeinschaft. Recherchieren Sie Blogs, die für Ihre Kunden interessant sind, zu Ihren Produkten passen und über eine gewisse Reichweite und Beliebtheit verfügen. Portale wie trnd.com (http://www.trnd.com) oder Facebook-Gruppen wie »Bloggerinnen und Blogger gesucht!« (https://www.facebook.com/groups/Bloggersuche/) können Sie dabei unterstützen. Prüfen Sie, ob es im Blog schon Produkttests gab und wie die Resonanz war. Schlagen Sie den Bloggern dann vor, Ihre Produkte zu testen und sie im Blog und anderen Netzwerken zu bewerten. Legen Sie dabei Fingerspitzengefühl an den Tag: Blogger betreiben ihre Blogs auf ganz unterschiedliche Weisen. Es gibt Blogger, die sich über ihr Blog finanzieren möchten, und es gibt Blogger, die ihr Blog als Privatangelegenheit betrachten. Sehen Sie sich die Blogs unbedingt genau an und achten Sie darauf, welcher Ton angeschlagen wird. Eine nachlässig personalisierte Massenmail mit einheitlicher Ansprache wird Ihnen um die Ohren fliegen.

Überlegen Sie sich einen fairen Deal dafür, wie Unternehmen und Blog langfristig von einer Zusammenarbeit profitieren können. Viele professionelle Blogger erwarten ein Honorar, häufig lassen sich entsprechende Mediadaten herunterladen. Vielleicht lässt sich auch eine Gelegenheit herstellen, Blogger auf einer Messe oder einer anderen Veranstaltung persönlich kennenzulernen. Das hilft Ihnen dabei, ein Gefühl für den richtigen Tonfall und einen echten Mehrwert zu bekommen. Auf diese Weise können Sie erreichen, dass Ihr Produkt in einem redaktionellen Umfeld und sehr zielgruppennah besprochen wird.

Allerdings sollten Sie sich darüber im Klaren sein und auch kommunizieren, dass der Blogger seine Meinung zu Ihrem Produkt frei äußern kann. Bitten Sie den Blogger einfach um Rücksprache vor Veröffentlichung, falls das Produkt in seinen Augen deutliche Mängel aufweist. Vielleicht lässt sich das Feedback für Sie sinnvoll verwerten, und Sie können dem Blogger schon bald eine verbesserte Version anbieten. Suchen Sie im Fall von negativer Kritik das Gespräch und bemühen Sie sich, Fragen aufzuklären. Bedanken Sie sich für positive Beiträge, beispielsweise über die Kommentarfunktion. Vielleicht stoßen Sie auf diesem Weg wiederum auf andere Interessenten und Kunden für Ihr Produkt oder neue Kontakte für Ihr Netzwerk.

Fallstudie: Blendtec

Dieses Beispiel ist der Klassiker unter den Lehrstücken: Im Jahr 2006 erhielt George Wright, Marketing Director bei Blendtec, einem Hersteller von Mixgeräten für Haushalte und Industrie, ein Marketingbudget in Höhe von 50 US-Dollar, um etwas Originelles für die starken, aber wenig bekannten Produkte der Firma zu tun. Eines Tages fiel Wright im Konferenzzimmer von Blendtec, in dem seine Kollegen oft vorführten, wie stark die Geräte waren, ein Häuflein Sägemehl auf dem Fußboden auf. Später erfuhr er, dass man ein Stück Holz in den Mixer gelegt hatte, um potenziellen Käufern zu zeigen, dass die Mixer von Blendtec superstark waren.

Mit seinem winzigen Marketingbudget kaufte Wright einen Domainnamen (willitblend.com), einen Laborkittel, einen Rechen und eine Tüte Murmeln. Er filmte, wie der Unternehmensgründer Tom Dickson das alles im Mixer schredderte, und stellte die Videos dann auf YouTube und seine eigene Markenwebsite. Daraufhin ging willitblend.com ab wie eine Rakete. Bis heute wurden fast 200 Videos veröffentlicht, die die einzigartige Power von Blendtec-Mixern unterstreichen. Aufsehenerregend war beispielsweise das Schreddern eines iPads (18 Millionen Aufrufe) und originell die Persiflage eines Old-Spice-Werbevideos (zur Fallstudie »Old Spice« erfahren Sie mehr in Kapitel 4).

Die Videos wurden allein auf YouTube bereits mehr als Hundert Millionen Mal angesehen, und der Will it Blend?-Channel hat inzwischen knapp 900.000 Abonnenten. Etwa anderthalb Jahre nach Veröffentlichung des ersten Videos nannte Blendtec eine Umsatzsteigerung von sagenhaften 700 Prozent. Die Marke Blendtec wurde in aller Welt bekannt und brachte es zu Erwähnungen in einer Vielzahl von renommierten Medien. George Wright wurde zu Industriemessen rund um den Globus eingeladen, um über die Erfolgsgeschichte zu berichten.

Wright hat durch den Erfolg seiner Firma bewiesen: Kleine Firmen können eine große Präsenz haben. Die Regeln haben sich geändert. Und er empfiehlt: Produzieren Sie keine Werbung, sondern Inhalte.

Auch mit Videos kann man die Bekanntheit von Produkten steigern. Die Baumarktkette Hornbach etwa erklärt das richtige Fliesenlegen – unter Zuhilfenahme der entsprechend im Markt angebotenen Fliesenkleber und Fugenmörtel – oder nimmt vor der Kamera Laubbläser, Bandsäge und Geräte auseinander.8 Für großen Zuspruch auf YouTube stieß ein Clip des Otto-Versandhauses, der unter dem Titel »Das Sockenschwein« die Suche nach einzelnen Socken nach dem Waschen thematisiert und dabei auf humorige Art und Weise eine Waschmaschine in Szene setzt – ein Fünfminutenspot, der in der klassischen Fernseh- und Kinowerbung nicht funktionieren würde, auf YouTube aber allein in den ersten vier Wochen nach Veröffentlichung mehr als zweieinhalb Millionen Mal abgerufen wurde.9

Szenario: In den ersten vier Suchergebnissen zu Ihrem Firmennamen tauchen negative Erwähnungen auf

In sozialen Medien können Menschen positiven und negativen Gefühlen Ausdruck verleihen. Diese Geschichten finden sich oft weit oben in den Suchmaschinenrankings wieder und können großen Einfluss auf die Entscheidung der Leser für oder gegen ein Produkt haben.

Wenn negative Beiträge über Ihre Marke in den Suchmaschinen dominieren, kann das Ihren guten Ruf und damit Ihren Umsatz beeinträchtigen. Kunden, die in Suchmaschinen nach Produkten suchen, wählen dann das Angebot eines Wettbewerbers, der keine negativen Suchergebnisse hat. Was tun?

  • Recherchieren Sie, wer die negativen Beiträge verfasst hat, suchen Sie den Kontakt und haken Sie nach. Häufig können Sie direkt unter dem Beitrag kommentieren, etwa bei der Employer-Branding-Seite kununu oder bei Amazon-Rezensionen. Ihre Erklärung hilft nicht nur anderen Kunden weiter, sie zeigt auch Ihr Interesse an Meinungen und Einschätzungen Ihrer Kunden.
  • Falls Sie noch kein Profil in einem sozialen Netzwerk haben, sollten Sie sich jetzt eines anlegen. Vernetzen Sie sich mit Meinungsführern und suchen Sie das Gespräch. Werden Sie ein wertvoller Bestandteil der Community, indem Sie Wissen teilen und dabei hilfsbereit und höflich sind.
  • Schaffen Sie nützliche und unterhaltsame Inhalte auf Ihrer Website und teilen Sie diese in sozialen Netzwerken. Achten Sie darauf, dass sie einen Bezug zu Ihrer Marke haben und ähnliche Themen behandeln wie die negativen Ergebnisse, die Sie verdrängen wollen.
  • Gehen Sie offen und souverän mit negativen Bewertungen um. Greifen Sie Kritik in eigenen Beiträgen auf und zeigen Sie, dass Sie lernbereit sind. Sollte an der Kritik etwas dran sein, bleibt Ihnen nur eins: Verbessern Sie Ihr Produkt und kommunizieren Sie das. Bitten Sie Nutzer, ihre Erfahrungen und Meinungen beizusteuern. So wird sich Ihr Beitrag noch besser herumsprechen und damit in den Suchmaschinen nach oben rutschen.
  • Überprüfen Sie regelmäßig die Ergebnisse in den Suchmaschinen daraufhin, ob sich Verbesserungen ablesen lassen.

Das sind wirkungsvolle Möglichkeiten, um am Meinungsaustausch teilzuhaben und ihn zu beeinflussen. Und das Beste ist, dass schon bald die negativen Suchergebnisse nach unten rücken und Platz machen für Social-Media-Stories und -Profile, die Ihr positives Engagement dokumentieren.

Warum genau sollten Sie mit jemandem reden, der schlecht über Ihr Unternehmen, Ihre Marke, Ihr Produkt spricht? Menschen, die so engagiert sind, dass sie den Lesern ihre Unzufriedenheit kundtun wollen, suchen auch Menschen, die bereit und willens sind, zuzuhören. Sie haben die Energie und den Mut aufgebracht, sich zu beschweren. Sie treibt das Bedürfnis, eine unbefriedigende Situation zu verbessern. Wenn Sie diese Menschen ansprechen und mit Respekt behandeln, motivieren Sie sie dazu, sich noch intensiver mit Ihrer Marke zu beschäftigen, und zwar diesmal mit einer wohlwollenden Haltung. So können Sie diese Personen letztlich zu Mitgliedern derjenigen Gruppe bekehren, von der sie ursprünglich am weitesten entfernt waren: zu Markenevangelisten. Bedenken Sie: Wer sich beklagt, spricht ohnehin bereits über Ihre Marke, also warum ihn nicht dazu bewegen, es in einem positiveren Geist zu tun? Es ist erstaunlich, wie viel Sie erreichen können, einfach indem Sie mit Menschen reden.

Szenario: Sie möchten sich als Experte im Social Web positionieren

Sie verfügen über gefragtes Spezialwissen und möchten es nicht für sich behalten:

  • Sie haben Ihr Jura-Examen abgeschlossen und verfügen über spezielle Kenntnisse, zum Beispiel in Medienrecht.
  • Von Betriebswirtschaft verstehen Sie mehr als alle anderen in Ihrer Interessengruppe.
  • Sie können hervorragend kochen und erfinden mit Vorliebe neue Rezepte.
  • Sie arbeiten seit 25 Jahren in einer Autowerkstatt und verfügen über einen reichen Erfahrungsschatz, was häufige (und auch seltenere) Pannen angeht.
  • Sie arbeiten in einem Bauunternehmen, das sehr viel Spezialwissen im Bereich der Niedrigenergiehäuser vorzuweisen hat.

Wenn Sie zu einer dieser Gruppen gehören, verfügen Sie über Wissen, das andere händeringend suchen. Die Menschen suchen Rat im Internet und stellen Fragen, die Sie vielleicht direkt beantworten könnten (oder womöglich schon beantwortet haben). Darum sollten Sie darüber nachdenken, selbst ein Blog zu starten. Indem Sie per Blog technische Fragen beantworten, Geschäftstipps geben, kostenlose Rezepte anbieten, einfache Autoreparaturen erklären oder bei der Bauplanung helfen, können Sie sich als Experte auf einem bestimmten Gebiet positionieren und Ihre noch begrenzte geografische Reichweite um ein Vielfaches vergrößern. Zudem können Sie durch kontinuierliche Aktualisierung Ihres Blogs weitere Chancen nutzen: Etablierte Blogger werden als Referenten zu Messen und Konferenzen eingeladen, in Büchern zitiert und von Journalisten um medientaugliche Beiträge gebeten – sie bekommen neue geschäftliche Chancen.

Durch Bloggen kann eine nicht so gut laufende Firma dringend benötigte Aufmerksamkeit erlangen. Und es kann Mitarbeitern, die eine Autorität auf ihrem Gebiet sind, die Möglichkeit geben, für ihr Unternehmen auf eine Weise einzutreten, die früher undenkbar gewesen wäre.

image

Abbildung 2-11 Kompetenz und Persönlichkeit zeigt das Blog des Musikhändlers Thomann. Ein gelungener Auftritt, der Stallgeruch vermittelt, die eigenen Mitarbeiter stärkt und zudem der Entwicklung des Einzelhandels, sich nur über den Preis definieren zu müssen, etwas entgegensetzt.

Nutzen Sie Twitter, um Ihr Wissen in Häppchen anzubieten oder auf Beiträge in Ihrem Blog zu verweisen. Blog und Twitter eignen sich in Kombination sehr gut, um über ein Thema Menschen zu erreichen. Nutzen Sie Plattformen zum Teilen von Dokumenten wie Slideshare oder Issuu, um E-Books, Whitepaper, Anleitungen oder Präsentationen verfügbar zu machen. Auf Pinterest, einem sozialen Netzwerk zum Teilen von Bildern und Videos, können Sie für Infografiken, Erklärvideos oder Rezeptfotos ein interessiertes Publikum finden. Versäumen Sie auch nicht, nach passenden Foren für Ihr Thema zu suchen (ja, es gibt sie durchaus noch) oder nach passenden Gruppen bei Facebook, XING oder LinkedIn. Wie Sie sehen, haben Sie zahlreiche Möglichkeiten, sich mit Ihrem Wissen als Experte zu positionieren.

SMARTe Ziele setzen

Wie setzen Sie die Ziele nun so, dass sie Ihnen in Ihrer Social-Media-Strategie als Leitlinie dienen? Im Marketing sollten Ihre Ziele konkret, messbar, erreichbar, realistisch und zeitlich klar definiert sein. Dafür steht die Abkürzung SMART: Specific, Measurable, Attainable, Realistic, Timely). Das richtige Vorgehen dazu wird in den folgenden Abschnitten erklärt.

Konkret

Definieren Sie klar, was Sie erreichen wollen. Ihre Ziele sollten konkret und für alle verständlich sowie in Abstimmung mit Ihrer Gesamtstrategie formuliert werden, damit Sie später genau wissen, wie (und ob) Sie sie erreicht haben. Im Social Media Marketing ist das Ziel, neue Abonnenten zu gewinnen, vielleicht zu unspezifisch; legen Sie stattdessen eine bestimmte Anzahl neuer Abonnenten fest und definieren Sie zusätzlich, welche Kriterien diese neuen Abonnenten erfüllen sollten. Wenn Sie eine Lokalzeitung sind, die 1.000 Abonnenten für Ihren Newsdienst per WhatsApp hinzugewinnen möchte, ist das schon ein konkretes Ziel. Aber zugleich sollten Sie anstreben, dass es Abonnenten sind, die einen Bezug zu Ihrer Region haben. Oder sind Sie ein Stoffhändler, der auf Instagram 500 potenzielle Kunden gewinnen möchte, dessen Onlineshop aber nur innerhalb Deutschlands liefert? Dann sind für Sie zunächst auch nur Follower aus Deutschland (umsatz-)relevant. Das ist der qualitative Aspekt, den Sie in Social Media nicht außer Acht lassen sollten. Was in sozialen Medien stattfindet, sind Beziehungsaufbau und -pflege. Diese lassen sich allein mit quantitativen Werten nur unzureichend messen.

Messbar

Was Sie nicht messen können, können Sie nicht managen. Also müssen Sie konkrete Kriterien für die Messbarkeit festlegen. Man spricht hier auch von KPI (Key Performance Indicators). Vielleicht definieren Sie ein Benchmark für Ihr angestrebtes Ziel und versuchen dann, es in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen. Möchten Sie zum Beispiel mehr Seitenaufrufe generieren, sollten Sie regelmäßig einen Blick auf die Statistik Ihrer Website werfen. Viele Social-Media-Sites liefern Ihnen mehr oder weniger umfangreiche Statistiken, die Sie für die Messung Ihrer Ziele nutzen können.

Erreichbar

So ambitioniert Ihre Ziele auch sind, sie sollten erreichbar sein. Wenn Sie in fünf Jahren für Ihr Onlinemagazin nur 500 Abonnenten gewinnen konnten, ist ein Ziel von 500.000 Abonnenten in fünf Monaten wohl utopisch. Um erreichbare Ziele zu setzen, müssen Sie auch davon überzeugt sein, dass Sie persönlich das Ziel erreichen können. Die Erfahrungen, die Sie im Laufe der Zeit machen, helfen Ihnen bei der Einschätzung. Berücksichtigen sollten Sie auch, was überhaupt in Ihrem Segment möglich ist. Es macht einen Unterschied aus, ob Sie eine Nische oder den Massenmarkt bedienen.

Realistisch

Realistische Ziele berücksichtigen, was Ihnen heute zur Verfügung steht, während erreichbare Ziele darauf abheben, was vielleicht möglich ist. Ihre Ziele sollten machbar sein, legen Sie die Latte aber hoch genug, um bei einem Erfolg ein Siegesgefühl zu verspüren.

Zeitlich klar definiert

Wenn Sie sich Ziele setzen, müssen Sie auch Termine dafür festlegen. Wenn Sie sagen, Sie streben binnen Jahresfrist 5.000 neue Abonnenten für Ihr Blog an, sind Sie eventuell nicht allzu motiviert, diese Aufgabe zu erfüllen. Ist das Jahr erst vorbei, kann die mangelnde Motivation Sie dazu veranlassen, das Ziel noch weiter hinauszuschieben. Nehmen Sie sich ein konkretes Datum vor, um einen Meilenstein zu erreichen. Geben Sie zum Beispiel vor, was heute in drei Monaten erreicht sein soll. Und los geht’s!

Die passenden Kanäle und Plattformen wählen

Der vermutlich einfachste Part: Wählen Sie sich aus dem breiten Angebot des Social Web die Kanäle aus, auf denen Sie sich engagieren wollen. Inzwischen haben Sie schon so viel über Ihre Zielgruppen und Ziele gelernt, das ein paar wenige Fragen Sie recht schnell zu einem ersten Ergebnis führen sollten:

  • Wo sind Ihre (potenziellen) Kunden, wo kommunizieren Ihre Wettbewerber?
  • Über welche dieser Plattformen erreichen Sie auch eine kritische Masse an Kunden? (Sie werden nicht auf allen Netzwerken gleichzeitig aktiv sein können, sondern sich in aller Regel auf einige wenige Plattformen beschränken müssen.)
  • Welche Ziele wollen Sie erreichen, mit welcher Plattform schaffen Sie das? (Ein Unternehmen mit dem Ziel, Nachwuchskräfte zu akquirieren, wird sich beispielsweise in jedem Fall auf die beruflichen Netzwerke LinkedIn oder XING konzentrieren.)
  • Welche Inhalte und Beitragsformen sind Gegenstand der infrage kommenden Netzwerke? Und ganz zentral: Haben Sie das entsprechende Equipment und das Know-how bzw. genügend Budget, diese Inhalte zu beschaffen? (Wenn Sie beispielsweise auf YouTube aktiv sein wollen, werden Sie kaum um eine hochwertige Kamera, Schnittsoftware sowie gegebenenfalls Ton- und Lichtequipment herumkommen – genauso wenig wie um entsprechende Skills, dieses Equipment professionell einzusetzen.)
  • Welche Regeln gelten innerhalb des einzelnen Netzwerks, welche Eigenschaften hat es? In welcher Frequenz müsste mindestens Content hochgeladen werden, wie zügig erwarten die User eine Antwort auf ihre Fragen?
image

Abbildung 2-12 »Welche Social-Media-Instrumente sind im Jahr 2018 relevant?«, fragte das Deutsche Institut für Marketing in einer Studie mit 412 Personen aus unterschiedlichen Unternehmen und Branchen. Als »Pflichtinstrumente« stuften die Befragten Facebook, YouTube, Twitter, Blogs sowie LinkedIn und XING ein.10

Treten Sie erst einmal vorbehaltlos an das breite Angebot sozialer Netzwerke heran, indem Sie sich das Social-Media-Prisma aus Kapitel 1 noch einmal vornehmen. Achten Sie darauf, dass Sie sich nicht sofort auf die großen Bekannten – Facebook, Twitter oder Instagram – versteifen, sondern auch kleinere Foren oder Special-Interest-Kanäle prüfen. Gerade in den vergangenen Jahren wurden die sozialen Medien nahezu mit Facebook gleichgesetzt. Dabei ist das Netzwerk insbesondere bei den jüngeren Menschen unter 25 Jahren längst nicht so beliebt, und auch im B2B-Bereich ist Facebook nicht die erste Wahl.

Und wieder: SMARTe Ziele setzen

Sobald Sie wissen, welche Plattformen Sie künftig bespielen wollen, sollten Sie Ihre Zielsetzung noch einmal exakter und kleinteiliger formulieren – nämlich: konkret, messbar, erreichbar, realistisch und zeitlich klar definiert.

Achten Sie bei der Formulierung der Ziele auf Messbarkeit: Die pauschale Aussage »Wir wollen mit unserer Facebook-Seite den Umsatz steigern« ist nicht konkret genug. Nutzen Sie KPIs – Key Performance Indicators – zur Erfolgsmessung. Für Social Media typische KPIs beschreiben wir in Kapitel 3.

Zum Beispiel:

  • Innerhalb von sechs Monaten möchten wir 200 Follower auf Twitter haben.
  • Unser Facebook-Auftritt soll innerhalb von zwölf Monaten 20 Prozent mehr Zugriffe auf unseren Onlineshop erzeugen.
  • Über unser Corporate Blog wollen wir innerhalb von sechs Monaten 500 neue Newsletter-Abonnenten gewinnen.
  • Wir möchten, dass innerhalb von zwölf Monaten 250 Menschen (potenzielle Mitarbeiter) unserem Businessprofil auf XING folgen.

All diese Ziele lassen sich durch technische Hilfsmittel wie beispielsweise Statistik-Plug-ins in Ihrem Website-CMS oder durch an den Link angehängte Tracking-Codes bzw. durch die Statistikfunktion der Netzwerke einfach und zweifelsfrei messen. Sind die jeweils gesetzten Zeiträume abgelaufen, können Sie die Ziele justieren oder komplett neu setzen. Bleiben Sie dabei beweglich und experimentieren Sie mit überschaubaren Zeitspannen.

Die richtigen Inhalte

Jetzt dürfen Sie sich austoben: Nachdem Sie nun einerseits wissen, wie Ihre Zielgruppen ticken, wo sie sich aufhalten und welche Inhalte sie bevorzugen, und gleichzeitig auch sicher sind, was Sie genau auf welcher Plattform erreichen wollen, können Sie das »Wie« in Angriff nehmen. Überlegen Sie, welche Inhalte das gewählte Netzwerk voraussetzt: Wollen Sie beispielsweise eine Instagram-Präsenz starten, geht nichts ohne ausdrucksstarke Fotos – inklusive gründlicher Hashtag-Recherche. Überlegen Sie auch, in welcher Frequenz Sie Beiträge veröffentlichen wollen (oder zugunsten der Sichtbarkeit müssen). Möchten Sie bloggen? Dann sammeln Sie schon einmal Themen und die Namen potenzieller Autoren, die Ihre gewünschte Botschaft transportieren und so zum Erreichen Ihres Ziels beitragen können.

image

Abbildung 2-13 Vorlagen für Redaktionspläne mit Anlassvorschlägen finden Sie bei mehreren Anbietern zum kostenfreien Download, unter anderem diesen hier bei t3n.de (Bildausschnitt). Auch dies ist übrigens eine empfehlenswerte Methode, seiner Zielgruppe nützlichen Content bereitzustellen.

Erstellen Sie sich Vorlagen für einen Kommunikationsplan, der knapp und übersichtlich über die gewünschten Botschaften, Teilziele, Verantwortlichkeiten und Termine informiert. Achten Sie darauf, diesen Plan jederzeit Ihrem Team zugänglich zu machen. Bei remote arbeitenden Kollegen bietet sich etwa die Plattform Google Drive oder ein anderes über das Internet zugängliches Collaboration-Tool an. Arbeiten Sie gemeinsam in einem Büro, erfüllt eine große Magnettafel oder ein Whiteboard häufig den gleichen Zweck. In den Kapiteln zu den jeweiligen Plattformen und Netzwerken gehen wir noch einmal gezielt auf die Content-Planung ein. Überlegen Sie aber schon jetzt, wie sich die Maßnahmen auf verschiedenen Netzwerken gegenseitig stützen oder sogar befeuern lassen – etwa durch geschickte zeitliche Planung.

(Bevor Sie) Ihre Strategie umsetzen

Nun geht es an die Umsetzung Ihrer Ideen. Einige Fragen sollten Sie im Vorfeld beantworten.

Werden Sie auch mit Rückschlägen fertig?

Am Anfang dieses Kapitels haben wir darüber gesprochen, dass einige Unternehmen Social Media scheuen, weil sie sich vor Kontrollverlust oder negativer Resonanz fürchten. Das müssen auch Sie bedenken, bevor Sie sich in die tiefen Wasser der sozialen Medien vorwagen. Wenn Sie sich auf Ihren Social-Media-Präsenzen nicht an Diskussionen beteiligen, können Sie Kritik dafür ernten, dass Sie auf Probleme nicht eingehen. Doch wenn Sie darauf eingehen, können Sie ebenso Kritik dafür ernten, dass Sie es falsch gemacht haben. Hier brauchen Sie sowohl Erfahrung als auch einen Plan für die Kommunikation in Krisenfällen.

Tiger Woods geht auf dem Wasser: Eine Panne im Computerspiel von Electronic Arts?

Im August 2008 wurde in dem Computerspiel Tiger Woods PGA Tour 09 von Electronic Arts eine Panne entdeckt. Ein Spieler zeichnete einen offensichtlichen Softwarefehler auf, der ein ganz besonderes, spirituelles Erlebnis bot: Tiger Woods ging wie Jesus übers Wasser. In einem Video-Upload auf YouTube11 zeigte der Nutzer, wie Tiger Woods übers Wasser lief und dort den Ball schlug, als befände er sich auf trockenem Boden.

Das hätte sich für EA zu einem Riesenproblem auswachsen können. Doch anstatt die Botschaft zu ignorieren, beschloss das Unternehmen, mit der Community zu spielen, und lancierte eine äußerst clevere Antwort auf das Video, in der es den echten Tiger Woods übers Wasser gehen ließ.12

Anstatt sich durch diesen Ausrutscher seinen Ruf ruinieren zu lassen, nutzte EA Sports also die Subkultur von YouTube, ergriff selbst die Initiative und schickte eine schlagfertige Antwort. Mit Erfolg umschiffte die Firma die Klippe einer möglichen langwierigen Negativpublicity und machte aus seiner Panne einen brillanten Marketingschachzug. Das Video verzeichnet bisher über neun Millionen Betrachter und ein überwältigendes positives Feedback – bis heute.

Zugleich ist es wichtig, zu erkennen, dass ein sympathisches, ernsthaftes Engagement die Stimmung in der Community positiv beeinflussen kann und dass Unternehmen aus negativer Resonanz viel lernen können. Viel schwieriger ist es, wenn niemand Sie und Ihr Engagement bemerkt. Oft liegt das an mangelnder Vernetzung, an nicht auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmten oder lieblosen Inhalten und an der fehlenden Integration von Social Media in die Gesamtstrategie des Unternehmens.

Verfügen Sie über Geduld und einen langen Atem?

Jede Marketingvariante erfordert Geduld und Mut zum Experimentieren. Das gilt auch für die sozialen Medien. Nach wie vor haben Sie es mit Individuen zu tun, die auf Ihre Bemühungen irgendwie reagieren werden. Wenn Sie beim ersten Mal scheitern, werden Sie es dann erneut versuchen? Haben Sie den Willen, an Ihren Fehlern zu wachsen? Haben Sie den Willen, Verbesserungen und Anpassungen zu akzeptieren?

Der Aufbau eines hochwertigen Netzwerks und das Erreichen von Aufmerksamkeit kosten Zeit und Mühe. Niemand hat auf Sie gewartet, und die Wertschätzung in der Community will ehrlich verdient werden. Ohne Frage: Es gibt sie, die sensationellen viralen Erfolge von Social-Media-Kampagnen. Oft steckt aber ein großes Budget dahinter, manchmal ist es eine Kombination aus Glück und Budget, selten ist es einfach nur Glück, dass eine Kampagne die Community begeistert.

Sie sollten daher keine Wunder erwarten und bereit sein, geduldig in Erfahrung zu bringen, womit Sie die Menschen in den sozialen Medien für sich einnehmen können und wie Sie sich als sympathischer, nützlicher Gesprächspartner unentbehrlich machen.

Können Sie Beziehungen pflegen?

Vergegenwärtigen Sie sich, dass Sie mit Menschen in Kontakt treten werden, nicht mit Websites und auch nicht mit Smartphones. Der Erfolg Ihrer Strategie wird von den Reaktionen der Menschen auf Ihre Initiativen abhängen, und von der Bereitschaft, Ihre Botschaften und Inhalte weiterzuverbreiten. So gut wie immer sind Sie vom Wohlwollen einer Community abhängig. Ein gut funktionierendes Netzwerk ist daher von unschätzbarem Wert. Sie sollten sich also Gedanken darüber machen, wie Sie dieses Netzwerk aufbauen und nachhaltig pflegen können.

Beziehungen in sozialen Medien unterscheiden sich gar nicht so sehr von denen in der realen Welt: In beiden haben Sie mit Menschen zu tun. Wenn diese in ihren Social-Media-Beziehungen auf dem falschen Fuß erwischt werden, brechen sie den Kontakt vielleicht ab, wie auch im wirklichen Leben eine Beziehung scheitern kann. Da im Web jedoch der persönliche Kontakt von Angesicht zu Angesicht fehlt, können auch unangenehme Missverständnisse entstehen. Vor unserem Computerbildschirm verlieren wir leicht den Blick dafür, dass der Empfänger unserer Botschaften Gefühle hat und sich seine eigenen Gedanken macht. Texte und Bilder –auch Emojis – können falsch verstanden werden. Wenn Sie eine Zeit lang aktiv in Communitys unterwegs sind, können sich daraus aber auch in der physischen Welt Beziehungen ergeben.

Daher sollte Ihr Auftritt in den sozialen Medien zu Ihrer Unternehmenskultur passen. Es ist schön, wenn Sie Ihre Kunden in Social Media positiv überraschen können. Wenn diese jedoch etwas völlig anderes von Ihnen gewohnt sind, kann das auch irritierend wirken. Andersherum werden Sie feststellen, dass Ihre Aktivitäten in Social Media Erwartungen an Ihr Unternehmen wecken können. Wenn Sie in Social Media betont lässig unterwegs sind, sollten Sie bei Begegnungen auf Messen oder Kongressen nicht ganz anders auftreten.

Networking kann sowohl online als auch offline sehr lohnenswert sein. Tatsächlich sind Aufbau und Pflege von Netzwerken wohl der wichtigste Teil der Social-Media-Gleichung. Der Schlüssel zu effizientem Netzwerken ist, die geeigneten Communitys aufzuspüren, sie zu verstehen und sich selbst mit einer klaren Markenidentität einzubringen. Ein gutes Netzwerk hilft Ihnen, sich selbst in Social Media zu etablieren und Ihrer Marke ein Gesicht zu geben.

Können Sie großzügig sein?

Netzwerke wachsen, weil Menschen anderen Menschen helfen und sich über gemeinsame Interessen austauschen. Ohne echtes Interesse an den Menschen in der Community und die Bereitschaft, Wissen oder Anteilnahme beizusteuern, werden Sie es schwer haben, als Teil des Netzwerks akzeptiert zu werden. Dazu gehört auch, dass Sie zunächst an Wissen, Zeit und Interesse mehr investieren müssen, als Sie bekommen. Im Laufe der Zeit wird sich ein Gleichgewicht einstellen, aber Sie sollten nie darin nachlassen, der Community einen Mehrwert zu geben.

Zugegeben, das kostet Zeit und Mühe. Doch der Aufbau eines hochwertigen Netzwerks lohnt sich

  • für eine bessere Kommunikation und Sichtbarkeit Ihrer Marke,
  • für die Reputation als jemand, der ohne Hintergedanken kommuniziert,
  • für Ihre Positionierung als Experte,
  • für die Förderung von Beziehungen im Leben auch jenseits des Internets und
  • für das Entwickeln von neuen Ideen, Projekten und geschäftlichen Verbindungen.

Soziale Medien sind ein hervorragendes Mittel, um Ihre Reputation zu pflegen. Wenn Sie Beziehungen zu einem Zeitpunkt aufbauen, zu dem Sie nicht zwingend darauf angewiesen sind, sparen Sie sich Nerven und Zeit in Krisenfällen. Dann sind auch Fehler kein großes Problem. Diese sind schlicht menschlich, wenngleich das kein Freischein ist, allzu sorglos mit dem Wohlwollen Ihres Netzwerks umzugehen. Soziale Medien sind mehr als Mittel zum Zweck, um mehr Views, Links oder Aufmerksamkeit zu bekommen. In Social Media entstehen echte zwischenmenschliche Beziehungen, was durchaus Spaß machen darf.

Wenn Sie immer zuerst an die Community denken und erst in zweiter Linie an den Nutzen, werden Sie letztlich all Ihre Ziele erreichen können, und das in einer Weise, die Ihnen die Achtung und das Vertrauen derjenigen einbringt, die Sie mit Ihren Botschaften erreichen möchten.

Ist Ihre Unternehmenskultur reif für Social Media?

»Da bekommen wir dann nur schlechte Bewertungen!«

»Und wie soll der Chef genehmigen, was ihr im Marketing bei Facebook schreibt?«

Und sogar: »Unsere Kunden sind ja nicht besonders gebildet, am Ende schaden die uns noch!«

Diese Stimmen hörten wir in den vergangenen Jahren immer wieder bei Unternehmen, die vor einem Engagement im Social Web zurückschreckten. Dabei führen angstgetriebene Entscheidungen selten zu Erfolgen. Ernst nehmen wollen wir alle Bedenken dennoch, denn natürlich kann Social Media Marketing aufs Glatteis führen – in manchen Konstellationen, Branchen und Märkten schneller, in manchen weniger schnell. Eine politische Partei wird auf ihrer Facebook-Seite mit Gegenpositionen und Einflussnahme rechnen müssen – und im Zweifel auch mit rechtswidrigen Kommentaren anderer Menschen, auf die reagiert werden muss. Ein Einzelhändler wird sich kritischen Fragen zur Herkunft und Qualität seiner Produkte stellen und ein Freizeitpark Kritik zu einer angekündigten Preiserhöhung einstecken müssen.

Sorgen Sie dafür, dass die Mitarbeiter, die täglich via Twitter Kundenanfragen beantworten, regelmäßig und umfassend geschult werden, um beispielsweise nicht das Blaue vom Himmel herunter zu versprechen und gleichzeitig wirklich hilfreiche Antworten zu geben. Und selbst die Unternehmen, die sich recht sicher fühlen, ein Blumengeschäft etwa, das »nur« seine aktuellen Angebote bei Facebook teilt, oder ein Tourismusbüro, das die schönen Seiten seiner Heimatstadt auf Instagram postet, sollten wissen, wie sie im Krisenfall agieren: wen sie intern informieren, welche Aussagen sie bedenkenlos treffen dürfen und welche sie besser vorab klären. Denn Shitstorms sind nicht zwingend selbst verursacht, schon gar nicht immer absichtlich. Im Blumenladen etwa kann eine Kundin stürzen und sich schließlich bei Facebook Luft machen. Und in der Stadt, die auf Instagram ausschließlich romantische Altstadtbilder postet, kann es dennoch Wohnungsnot geben, die im Social Web debattiert wird.

image

Abbildung 2-14 Die Berliner Verkehrsbetriebe setzen auf Selbstironie: Mit einer enormen Portion Humor spielen sie nicht nur mit ihren Schwächen, sie stellen sie fast aggressiv in den Mittelpunkt und stoßen auf sehr positive Resonanz (Mehr dazu in Kapitel 9). Eines ist klar: Für Kampagnen dieser Art braucht es eine mutige, offene Unternehmenskultur.

Social Media Guidelines: Leitplanken für die sozialen Medien

Sehr empfehlenswert sind »Social Media Guidelines«, also unternehmensinterne Richtlinien für den Umgang mit den verschiedenen Social-Media-Kanälen. Diese sollten sich an alle Mitarbeiter richten, auch an die, die nur privat Facebook, Twitter oder andere Dienste nutzen oder noch gar nicht aktiv sind. Zwar können Sie Ihren Mitarbeitern nicht vorschreiben, ob und in welcher Form sie sich im Social Web austoben, jedoch helfen grundlegende Verhaltenstipps dabei, auf beiden Seiten mehr Sicherheit zu schaffen. Alle Mitarbeiter sollten darüber informiert sein, was das eigene Unternehmen im Social Web tut und vorhat.

Bedenken Sie: Aus der allgemein etablierten »One-Voice-Policy« ist in den sozialen Medien mit der Zeit eine »Many-Voices-Policy« geworden. Es liegt an Ihnen, die Stimmen Ihrer Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Durch den Dschungel der Bürokratie

Gleichzeitig müssen Sie sich noch durch das Bürokratiegeflecht in Ihrem Unternehmen kämpfen. Vielleicht muss Ihr Engagement in den sozialen Medien von der Rechtsabteilung abgesegnet werden? Ist sich diese der Vor- und Nachteile der geplanten Aktivitäten bewusst? Oder ist Ihr Vorgesetzter noch nicht vollständig davon überzeugt, dass Sie und andere einen Teil der Arbeitszeit künftig bei Twitter, Facebook oder in Blogs verbringen? Oder hat er etwa die glorreiche Idee, sich künftig alle Tweets zur Absegnung vorlegen zu lassen?

Das Problem mit der Bürokratie in Unternehmen ist, dass die Verrenkungen, die Sie machen müssen, Ihre Arbeit und Ihre Entwicklung behindern und letztlich eine echte Bürde darstellen. Ihre Marke wird in der Öffentlichkeit diskutiert, ganz gleich, ob Chef und Rechtsabteilung grünes Licht geben oder nicht. Es ist wichtig, die Leute in Ihrem Unternehmen darin zu schulen, Missionen und Ziele sachlich, aufrichtig und transparent darzustellen. Benennen Sie klar, welche Chancen Ihre Social-Media-Strategie bietet, und auch, welche Gefahren bei fehlendem Engagement drohen.

Technik oder Zauberei?

Es kursiert immer noch die Mär, dass Social Media nichts koste. In der Tat sind viele soziale Medien kostenlos nutzbar – relevante Reichweiten erhält man aber beispielsweise bei Instagram und Facebook nur noch durch ein ergänzendes Werbebudget. Und sicherlich ist der finanzielle Aufwand im Vergleich zu anderen Kommunikationsmaßnahmen im Unternehmen zunächst überschaubar, aber wer nützliche Inhalte liefern, mit den Communitys in den Austausch gehen und sämtliche Social-Media-Aktivitäten auswerten und überprüfen will, muss einiges an Zeit und Mühe und damit personellen Ressourcen investieren.

Ein wichtiger Bestandteil wird bei aller Begeisterung für Technologien jedoch oft übersehen: die technische Ausstattung. Das beginnt bereits mit dem Zugang zu sozialen Netzwerken. Immer noch gibt es Unternehmen und Institutionen, bei denen zum Beispiel Facebook oder YouTube für die Mitarbeiter gesperrt sind. Verständlicherweise erschwert das die Nutzung von Social Media erheblich. (Und ist in Zeiten von Smartphones und Mobile Flat zudem gänzlich wirkungslos.)

Um in den sozialen Medien Inhalte wirkungsvoll zu kommunizieren, ist längst mehr als nur Text vonnöten. Daher brauchen die Social-Media-Mitarbeiter Tools zur Video- und Bildbearbeitung – und entsprechend Zeit, sich in diese Tools einzuarbeiten. Außerdem entstehen im Social Web laufend neue Dienste, mit denen es zu experimentieren gilt. Sowohl der Zugang zu Tools und Netzwerken als auch die Bereitschaft, diese auszuprobieren, sind für den Erfolg des Social Media Marketing grundlegend. Hier entscheidet sich: Vertraut Ihr Unternehmen seinen Mitarbeitern? Können und wollen diese sich weiterbilden, und ist der Stellenwert von Social Media für alle geklärt?

Unmittelbare Kommunikation in Echtzeit erfordert ebenfalls, dass ein stabiles Internet (dazu gehört auch ein ordentliches Datenvolumen für unterwegs), ein leistungsfähiger Computer sowie wenigstens ein mobiles Gerät – Tablet oder Smartphone – vorhanden sind. Das klingt banal, wird aber mitunter tatsächlich übersehen. Doch wie sollen Mitarbeiter von einer Konferenz twittern oder Instagram-Stories von der aktuellen Branchenmesse senden, wenn ihnen das Equipment fehlt? Auch eine rasche Reaktion auf Kundenanfragen bewerkstelligen Sie mit einem leistungsstarken mobilen Gerät besser.

Sinnvoll ist auch die Anschaffung einer geeigneten Digitalkamera, wenn Sie regelmäßig Videos produzieren, sowie zusätzliches Bild-/Tonequipment mit der passenden Schnittsoftware.

Lernen oder untergehen: Fortbildungen

Der Zuwachs an Wissen in den letzten 100 Jahren war enorm. Immer schneller kommen neue Technologien auf den Markt, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, weil sie unsere Arbeit und unser Leben verändern. Wir sind eine lernende Gesellschaft, in der es selbstverständlich geworden ist, dass auch Erwachsene nach Abschluss ihrer Ausbildung ihr Leben lang weiterlernen. Für manche ist das ein Segen, für andere ein Fluch. Nirgends schlägt sich die rasante Entwicklung so nieder wie im Internet, wo sich Neuerungen und Veränderungen in Windeseile verbreiten.

Im Unternehmen werden Sie immer Mitarbeiter haben, die sich begeistert auf neue Anforderungen stürzen und sich in Routinen rasch langweilen, und auf der anderen Seite Mitarbeiter, die Veränderungen als bedrohlich empfinden und einen verlässlichen Rahmen für ihre Arbeit brauchen. Natürlich gibt es auch Menschen, die Veränderungen gleichmütig hinnehmen und sich ebenso gelassen Neuerungen aneignen.

Für die sozialen Medien brauchen Sie forsche Spürnasen, die sich gern Neues ansehen und dafür Ideen entwickeln. Vielleicht sind Sie selbst diese Spürnase und möchten deshalb Social Media in Ihrem Unternehmen vorantreiben?

Ein entscheidender Faktor, der Ihre Social-Media-Strategie nicht unwesentlich beeinflussen wird, ist, inwieweit das stete Lernen ermöglicht und unterstützt wird. Auch Unternehmen müssen hier oft umdenken und eine Haltung zur Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter entwickeln. Denn das teuerste Videobearbeitungstool und das mächtigste Social-Media-Dashboard bleiben stumpfe Instrumente, wenn niemand sie bedienen kann. Da braucht es Schulungen und regelmäßige Qualifizierungen. Wenn ein Unternehmen daran interessiert ist, Social Media klug und effizient einzusetzen, tut es gut daran, seinen lernwilligen Mitarbeitern entsprechende Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Tipp

Wenn Sie in Social Media auf dem Laufenden bleiben wollen, sollten Sie den Austausch mit Menschen suchen, die sich ebenfalls für oder in Unternehmen mit Social Media beschäftigen. Gerade der branchenübergreifende Austausch ist sehr wertvoll. Hier empfiehlt sich der Besuch von Barcamps (sogenannten »Unkonferenzen« mit offener Agenda) oder lokalen Treffen von Social-Media-Leuten, die es in vielen größeren Städten gibt. Unter dem Begriff Social Media Club finden B2B-Treffen statt, bei denen kurze Vorträge aus der Praxis und das Netzwerken im Mittelpunkt stehen. Werfen Sie auch einen Blick auf die Angebote des Bundesverbands Community Management (BVCM e.V., https://www.bvcm.org/). Und recherchieren Sie selbst in den Netzwerken: Gerade auf Facebook gibt es eine ganze Reihe von Gruppen zu Social Media Marketing, Facebook-Werbung und einzelnen Tools. Schließen Sie sich an und tragen Sie selbst zum Austausch bei.

Welche Mitarbeiter benötigen Sie?

Wie jede Form von Kommunikation bedeuten auch die Social-Media-Kommunikation Einsatz und Arbeit, so einfach und kostengünstig sie erscheinen mögen. Haben Sie in Ihrem Unternehmen Mitarbeiter, die in Social Media bereits aktiv sind oder sich ein neues Themenfeld erarbeiten möchten? Oder müssen Sie zusätzliche Kräfte einstellen?

Sie müssen entscheiden, ob Sie die Aufgabe mit eigenen Mitteln bewältigen oder sich Hilfe von außen holen möchten. Das hängt natürlich in erster Linie von der Größe Ihres Unternehmens, dem zur Verfügung stehenden Budget und dem Umfang Ihrer Social-Media-Pläne ab. Auch Ihre Vorkenntnisse bzw. die Ihrer Mitarbeiter spielen eine Rolle.

Hinweis

Häufig werden unbezahlte Praktikantenstellen für Social-Media-Aktivitäten ausgeschrieben. Diese Art, an Arbeitskräfte zu kommen, ist kosteneffizient, aber auch riskant. Außerdem ist das sehr kurzfristig gedacht. Die Community gewöhnt sich an die Menschen, die in den sozialen Medien für ein Unternehmen sprechen. Wenn der Repräsentant des Unternehmens alle drei oder sechs Monate wechselt, schafft das nicht unbedingt Vertrauen. Es sollte jemand sein, der sich auch in schwierigen Gesprächssituationen geschickt verhält, im Unternehmen gut vernetzt ist und sich zudem mit Ihrer Unternehmenskultur identifizieren kann. Oder würden Sie einem Praktikanten die Stelle als Unternehmenssprecher anbieten?

Vielleicht sollten Sie bestimmte Aufgaben in Social Media auch komplett outsourcen. Manch einer mag argumentieren, das sei nicht ideal, weil Sie selbst der glühendste Verfechter Ihres Produkts sind. Unterstützung von außen kann aber nicht nur den Einstieg in die sozialen Medien erleichtern, sie kann Ihrem Unternehmen und den Menschen, die darin arbeiten, auch dabei helfen, den Mitgliedern der Community die bestmögliche Botschaft zu vermitteln. Im Idealfall arbeitet ein Unternehmen mit externen Fachleuten Hand in Hand.

Möglicherweise entscheiden Sie sich für einen Mittelweg: Sie können einen externen Berater für Ihre internen Social-Media-Aktivitäten und Schulungen anheuern. Vielleicht bietet sich eine Kooperation mit Agenturen und Beratern an, die sich im Social-Media-Umfeld und Ihren Communitys gut auskennen. Sie können Ihnen bei der Ideenfindung helfen, die Kontaktaufnahme zu Influencern vereinfachen und eine virale Marketingstrategie entwerfen, die den Übergang zu einem ausgereiften Social Media Marketing in Ihrem Unternehmen erleichtert.

Zusätzlich können Sie aus webaffinen Mitarbeitern ein Team bilden, das mit einem Berater zusammen eine Social-Media-Strategie entwickelt und umsetzt, oder einen Social Media Manager bestimmen, der im Umgang mit der Community die Zügel in der Hand hält. Das allein ist oft schon eine Vollzeitbeschäftigung. In jedem Fall ist es aber notwendig, dass Sie im Unternehmen und mit Blick auf Ihre Gesamtstrategie erarbeiten, wie Sie im Social Web auftreten möchten, was Sie erreichen wollen und wer wofür zuständig ist. Nur so können Sie bzw. die Social-Media-Beauftragten souverän und schnell im Social Web agieren und reagieren. Daher sind in jeder Social-Media-Kampagne Training und Abstimmung wichtig, sowohl für Ihre Mitarbeiter als auch für Externe, sofern Sie welche engagieren.

In kleineren Unternehmen ist die Social-Media-Kommunikation in dieser Hinsicht etwas einfacher: Hier werden die Social-Media-Aktivitäten oft vom vorhandenen Personal in den Abteilungen Marketing, PR und/oder Kundendienst getragen. Nicht selten füttert sogar nur ein einziger Mitarbeiter täglich die sozialen Netzwerke und behält damit natürlich wunderbar den Überblick über alle jemals kommunizierten Inhalte und erhaltenen Meinungsäußerungen. Bedenken Sie jedoch, dass auch dieser Mitarbeiter einmal Urlaub hat oder kurzfristig ausfallen kann – soll dann auch gleich Ihre komplette Kommunikation im sozialen Netz brachliegen? Besser ist es, zumindest einen Zweiten einzuarbeiten und alle wichtigen Leitlinien, Inhalte und – ganz wichtig – Zugangspasswörter bei diesem Mitarbeiter oder einem Vorgesetzten zu hinterlegen.

Bei Social-Media-Teams sollten Sie ganz genau bestimmen, wer welche Kanäle standardmäßig bewacht und bedient und wie im Krisenfall die Kommunikationswege aussehen. Natürlich sollten Sie auch Ihre »Öffnungszeiten« im Social Web und den Umgang mit der Arbeitszeit Ihres Social-Media-Beauftragten an den Abenden und am Wochenende klären.

Der Social Media Manager

Wenn Sie die Social-Media-Strategie in Ihrem Unternehmen konsequent weiterentwickeln, sollten Sie eine Position schaffen: die des Social Media Manager, der entweder eine Stabsstelle einnimmt oder im Marketing- oder PR-Team arbeitet. Er ist die Stimme des Unternehmens im Social Web und tritt auch persönlich mit Kunden, Multiplikatoren und Geschäftspartnern in Kontakt. Zugleich vermittelt er Wünsche und Meinungen der Kunden ins Unternehmen. Aus diesem Grund ist es von großer Wichtigkeit für den Erfolg in Social Media, dass der Social Media Manager sowohl intern als auch extern gut vernetzt und anerkannt ist.

Tipp

In Kapitel 14 zeigen wir Ihnen einige Ausbildungswege für Social Media Manager.

Der Social Media Manager sollte ein kommunikationsstarker Teamplayer sein, der seine Begeisterung für Ihre Marke in Ihre Branche und ins Social Web tragen kann. Wichtig ist dabei, dass er sich nicht wie ein klassischer Marketing- oder PR-Mensch verhält: Er sollte in der Lage sein, mit gesundem Menschenverstand und zwischen den Zeilen lesend auf unterschiedliche Menschen in den sozialen Medien zu reagieren und eine sympathische, »echte« Sprache zu finden, frei von Marketing- und PR-Floskeln. Seine Äußerungen sollen sich am Interesse der Community ausrichten und keine kommerziellen Untertöne haben.

Bedenken Sie bei der Auswahl eines Social Media Manager, dass eine gewisse Lebenserfahrung bzw. Erfahrung im Umgang mit Menschen durchaus von Vorteil sein kann. Schließlich gilt es, etwa in Krisen mit einem kühlen Kopf, gewissem Pragmatismus und hoher Zielorientierung vorzugehen. Ein Zertifikat kann Ihnen bei der Auswahl helfen, aber letztlich brauchen Sie jemanden, der Ihre Marke gelassen und möglichst heiter auch durch schweres Fahrwasser führt.

Der Social Media Manager übernimmt die Aufgabe, im Social Web stabile Beziehungen aufzubauen und das Netzwerk zu pflegen. Im Idealfall ist Ihr Social Media Manager jemand, der selbst bereits im Social Web anerkannt ist und sich mit den Regeln dort auskennt. Er beteiligt sich an Barcamps und Social-Media-Treffen, besucht Konferenzen und schafft Möglichkeiten für die Community, sich auch offline zu treffen. Er sollte gern mit Menschen arbeiten, persönlich, umgänglich und humorvoll sein und die Herausforderung lieben. Schließlich hat der Social Media Manager die wichtige Aufgabe, dem Unternehmen ein menschliches Gesicht zu verleihen, und »lohnen« soll es sich auch noch – deshalb darf er die Ziele nicht aus dem Blick verlieren und muss die Fortschritte verfolgen und dokumentieren.

Der Social Media Manager beobachtet den Meinungsaustausch und nimmt regelmäßig daran teil. Er richtet die Präsenzen des Unternehmens auf relevanten Social-Media-Sites ein und behält deren Entwicklung im Blick. Anhand seiner Beobachtungen analysiert er Auffälligkeiten, Muster und Trends, die bedeutungsvoll sein könnten, und kommuniziert sie ins Unternehmen.

Gleichzeitig sollte ein Social Media Manager feststellen, wer Fürsprecher des Produkts oder der Marke ist. Wer stellt die Firma in einem außerordentlich positiven Licht dar, wer nicht? Wie kann man das Gespräch mit den Kritikern suchen und sie möglicherweise zu Fürsprechern machen?

Social Media Manager sind die Experten für Social Media Marketing in Unternehmen. Am besten ist es, wenn sie so viele Communitys wie möglich verfolgen und in mehreren sozialen Netzwerken Profile unterhalten. Darüber hinaus sollten sie bei Twitter einen Account pflegen, der Lesern einen echten Mehrwert bietet, und Blogs kommentieren.

Der ideale Social Media Manager abonniert Alerts zur Marke (für mehrere Suchbegriffe, darunter die Namen der Wettbewerber, branchenspezifische Schlüsselwörter und die Produkt- und Markennamen des eigenen Unternehmens), liest täglich relevante Blogs und Newsportale, begleitet online Personen, die etwas beizutragen haben (darunter auch potenzielle und bestehende Markenbotschafter), und beobachtet Podcasts und Videoportale, die etwas mit seinem Unternehmen zu tun haben.

Der Social Media Manager muss jederzeit die Initiative ergreifen dürfen, um für sein Unternehmen die Stimme zu erheben. Dafür braucht er das Vertrauen der Geschäftsleitung und den Freiraum, im Sinne des Unternehmens ohne vorherige Absprache zu kommunizieren. Im Idealfall beantwortet er begründete Anliegen sofort (binnen 24 Stunden) oder gibt einen Zeitpunkt an, an dem sich eine Frage klären lässt.

Regelmäßige Beteiligung an Gesprächen ist wichtig, aber ein Social Media Manager sollte sich möglichst auf die Themen seines Unternehmens konzentrieren und auf Mehrwert achten. Mitunter ist, wie im Geschäftsleben generell, jedoch auch Small Talk wichtig, um Beziehungen zu wichtigen Kontakten zu pflegen. Außerdem beteiligt er sich für seine Firma und ihre Produkte in Form von Gastbeiträgen und Interviews oder Kommentaren konsequent an Blogs.

Im Laufe der Zeit sollte der Social Media Manager die Mission des Unternehmens wirkungsvoll formulieren und durch regelmäßiges Bloggen dessen Bekanntheit steigern. Die Verantwortung für das Social-Media-Management muss aber nicht unbedingt bei einem Einzelnen liegen. Es kann durchaus sinnvoll sein, aus Mitarbeitern ganz unterschiedlicher Abteilungen ein Social-Media-Team zu bilden.

Erfolge messen und Strategie evaluieren

Ob Ihre Social-Media-Strategie erfolgreich ist, lässt sich konkret messen – anhand der SMART-Ziele, die Sie sich vorgenommen haben. Zentrale KPIs im Social Media Marketing stellen wir Ihnen in Kapitel 3 dieses Buchs vor, ebenso die dafür nötigen Tools und Methoden.

Wesentlich an dieser Stelle ist: Nehmen Sie sich überschaubare Zeiträume vor, prüfen Sie die Ergebnisse und bleiben Sie beweglich genug, um Ihre Strategie immer wieder zu justieren. Widerstehen Sie aber der Versuchung, wild durch Kanäle und Inhalte zu hüpfen – damit vermitteln Sie nicht nur Konzeptlosigkeit, Sie haben gleichermaßen auch zu wenig Zeit, sich bei Ihren Zielgruppen bekannt zu machen und zu beweisen. Sie werden nicht innerhalb von drei oder sechs Monaten herausfinden, ob sich die gewählte Plattform für Sie eignet. Oder nach nur einem veröffentlichten YouTube-Video wissen, ob Ihre Kunden diesen Inhalt als nützlich einstufen.

Bleiben Sie Ihrer Identität und Ihrer Linie treu und experimentieren Sie innerhalb dieses Terrains – mit einer stets klaren Zielsetzung vor Augen.

Zusammenfassung

Social Media ist mehr als nur eine Kampagne oder ein weiterer Kanal und verlangt nach einer Strategie, die in Ihre Gesamtstrategie integriert ist. Ermitteln Sie daher zunächst Ihre Ziele, Zielgruppen sowie deren Gewohnheiten, Bedürfnisse und Eigenschaften, Ihre Inhalte und Themen sowie die Plattformen und Dienste, die sich für den Austausch mit Ihren Zielgruppen eignen. Ihre Ziele im Social Media Marketing sollten klug und SMART gewählt sein: spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch und zeitlich klar definiert.

Legen Sie sich die Latte nicht zu hoch, sonst bekommen Sie Schwierigkeiten, realistische Ergebnisse zu erzielen. Kombinieren Sie quantitative und qualitative Messwerte für Ihre Ziele und prüfen Sie diese in regelmäßigen Intervallen.

Recherchieren Sie Markenbotschafter und Influencer, überlegen Sie, wie Sie mit der Community ins Gespräch kommen und welche nützlichen, unterhaltsamen und/oder wertschöpfenden Inhalte Sie ihr bieten können.

Überwinden Sie Ängste und Vorbehalte gegenüber sozialen Medien. Um souverän und professionell in Social Media agieren zu können, sollten Sie sich mit Kontrollverlust, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten auseinandersetzen. In vielen Fällen empfiehlt sich die Festlegung von »Social Media Guidelines« für Ihre Mitarbeiter. Oft ist es auch sinnvoll, einen Social Media Manager zu ernennen oder einzustellen. Dieser kümmert sich um die Kommunikation zwischen dem Unternehmen und den verschiedenen Stakeholdern des Unternehmens sowie Kunden, Bloggern, Journalisten, Geschäftspartnern etc. Für diese Rolle eignen sich Personen, die Menschen sowie Herausforderungen mögen und souverän kommunizieren können. Engagiert sich der Social Media Manager selbst im Social Web, steigert er für sein Unternehmen Einfluss und Reichweite.

Integrieren Sie Ihr Social-Media-Engagement in die Kommunikationsstrategie Ihres Hauses und sorgen Sie für alle personellen und finanziellen Ressourcen, die für die erfolgreiche Umsetzung Ihrer Strategie nötig sind.

In sozialen Medien sprechen Menschen mit Menschen, nicht mit Marken. Machen Sie sich bewusst, dass Sie dort Gespräche auf Augenhöhe führen und in vielerlei Hinsicht in Vorleistung gehen werden, um vertrauensvolle und wertschätzende Beziehungen aufzubauen. Es ist unklug, erst dann in Social Media einzusteigen, wenn es gilt, Schaden zu begrenzen oder ein Produkt bekannt zu machen. Ein treues Netzwerk und ein gutes Verhältnis zu einflussreichen Persönlichkeiten in Social Media können Sie unterstützen, aber beides müssen Sie sich erst aufbauen.

..................Content has been hidden....................

You can't read the all page of ebook, please click here login for view all page.
Reset
18.117.165.66